GDU: Tattoo You – Teil 27

Tattoos spielen in der Naziszene eine große Rolle. Insofern sei dieser kleine Einführungskurs in die Geschichte der Nazitattoos gestattet. Bildung hat noch niemandem geschadet.

Mangelt es an Bildung, dann kann das eine oder andere Tattoo-Hoodoo passieren.


Tattoo Hoodoo: Ochsin, die Präsentation und Protestaktion nicht auseinanderhalten kann oder verwechselt.

Es erinnert sehr an den Brauch der Naturvölker, die mittels Klickibunti-Malerei das Böse vertrieben. Oder besiegten. Oder glaubten, es so besie­gen zu können. Insofern muß die quietschbunte Ausstaffierung des Kör­pers unbedingt gutgeheißen werden, wenn’s dem Kampf gegen Rechts dient und den Glauben festigt. Es gibt da jedoch ein Problem. Als Notausgang hat sich die Protagonistin, eine Jennifer aus Rostock, auch mit einem Nasenring versorgt. Sollte sich der Wind eines Tages drehen, kann sie an selbigen wie eine dumme Kuh vom Acker gezogen werden.

tattoo_max_und_moritz_jedem_das_seine

„Statt der Silhouette des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau sind jetzt die Wilhelm-Busch-Figuren Max und Moritz aufgetragen“, beschrieb Staatsanwalt Torsten Lowitsch seine Eindrücke. „Der Spruch „Jedem das Seine“ ist aber nicht getilgt worden“, erklärte er weiter.

Dieser Post aus dem Buch von @taucher über den Geheimdienstlichen Untergrund widmet sich den verschwundenen Nazitattoos.

Teil 1: GDU: Geheimdienstlicher Untergrund – Einleitung
Teil 2: Das Henne-Ei-Problem beim NSU
Teil 3: Schredder as Schredders can
Teil 4: Orgasmus mit Beweisen
Teil 5: Indizien für alle Verbrechen der Welt – fast jedenfalls
Teil 6: Ein Königreich voller Indizien
Teil 7: Sore aus dem Untergrund
Teil 8: Bekenntnisorgie ohne DVD – missing links der Antifa
Teil 9: Was der Nazi nicht hat, davon hat das BKA noch viel mehr
Teil 10: Fahrzeugmietverträge aus Bayern?
Teil 11: Fahrzeug mieten wie vom Fließband
Teil 12: Die Morde der Döner
Teil 13: Bedrohung aus dem Dunkelreich
Teil 14: Geld regiert die Terrorwelt
Teil 15: bombige Propaganda mit Bombenteppich
Teil 16: Mord an einer Deutschen
Teil 17: Die NSU-Toten
Teil 18: Das Recht auf Wohnen gilt auch für Terroristen
Teil 19: Finanzen aus dem Staatshaushalt
Teil 20: Faszination Super-Uwe
Teil 21: eine politische Partei ganz allein für Schnüffler
Teil 22: von lustigen Bildern und Menschen
Teil 23: OLG-Stadl
Teil 24: Aufklärtnix und Aufklärnixe
Teil 25: Alkohol macht lustig
Teil 26: lustig ist die Beweiserhebung
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19. Lustige Zeugenaussagen

Das spottet jeder Beschreibung, was sich diverse Zeugen vor dem OLG rausnehmen. Eine Auflistung und Würdigung aller Falschaussagen würde ein Buch füllen. Beispielhaft hier nur ein Fall, der anhand der Akten und der Bilder in den Akten leicht überprüfbar ist. Bei solchen Dingern fragt man sich, ob überhaupt eine Grenze zwischen dem OLG Staatsschutz-Senat, Polizeiführern, BKA und Verfassungsschutz existiert.

Am 52. Verhandlungstag im NSU-Prozess wurde Polizeidirektor Menzel als Zeuge vernommen.

Es sollte geklärt werden, wann genau im November 2011 das LKA von der Identität von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos erfahren hat, welche weiteren Ermittlungsschritte eingeleitet wurden und wie andere Behörden, z.B. das Landesamt für Verfassungsschutz, in die Ermittlungen einbezogen wurden.

Zitat aus der Prozessprotokollierung des 52. Verhandlungstages durch NSU-Watch:

Er, Menzel, habe um 8.00 oder 8.30 wieder zu arbeiten begonnen, da sei ihm das vorläufige Sektionsergebnis aus Jena überbracht worden. Eine Person habe identifiziert werden können: Uwe Mundlos. Aus Unterlagen einer Vermisstenanzeige des Vaters von 2005 seien Fingerabdrücke vorhanden gewesen. Daraus habe sich am Samstag „ein ganz neues Bild ergeben: die Ereignisse 1998 in Jena”. Es habe damals die These gegeben, dass er vielleicht weiterhin in Begleitung von Herrn Böhnhardt und Frau Zschäpe ist: „Wir wollten also wissen, ob die zweite Person Böhnhardt ist und wo Frau Zschäpe aufhältig ist.“ Die Identifizierung sei von den Zielfahndern des LKA mit Bildmaterial eines Tattoos an der linken Wade unterstützt worden: „Man konnte schlussfolgern, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um B [Böhnhardt, d.A.] handelt.“

Menzel hat das Kunststück fertig gebracht, in dieser kleinen Passage 3 unrichtige Angaben zu machen. Denn im Gegensatz zu Menzels Aussage wurde

1. Böhnhardt nicht anhand eines Tattoo auf der linken Wade identifiziert
2. Mundlos nicht anhand der Vermisstenakte Samstag früh identifiziert, weil diese Vermisstenakte
a.i. erst Montag beschafft werden konnte und
a.ii. keine Fingerabdrücke enthielt.
3. Böhnhardt nicht am Samstag identifiziert, sondern erst am darauffolgenden Montag, den 07.11.2011.

Es würde hier zu weit führen, die 3 Punkte auszurollen, deshalb beschränken wir uns auf den ersten.

19.1 Polizeidirektor Menzel halluziniert ein Tattoo auf Böhnhardts Wade

Nochmal das maßgebliche Zitat aus der Prozessprotokollierung von NSU-Watch:

Die Identifizierung sei von den Zielfahndern des LKA mit Bildmaterial eines Tattoos an der linken Wade unterstützt worden. „Man konnte schlussfolgern, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um B [Böhnhardt, d.A.] handelt.“

Wäre schlüssig, wenn Uwe Böhnhardt an der linken Wade eine Tätowierung gehabt hätte. Hatte er aber nicht. Das ist belegt durch Obduktionsbericht mit folgenden Feststellungen zu den Tätowierungen:

sektion_boehnhardt

Tätowierungen auf der rechten Schulter und dem rechten Oberschenkel. Weitere Tattoos sind im Obduktionsbericht bei Uwe Böhnhardt nicht festgestellt.


Auch die Obduktionsfotos zeigen, dass auf Böhnhardts linker Wade keine Tätowierungen sind.

Wie kommt Polizeidirektor Menzel überhaupt auf die Idee mit den Tattoos auf Böhnhardts linker Wade?

Dazu muss man wissen, dass V-Leute besonders geschützt werden. Durch falsche Pässe und legendierte Lebensläufe sowieso. In Fällen, wo die Legende ein „Untertauchen“ erforderlich macht (wie bei der Aushorchzelle Böhnhardt/Mundlos/Zschäpe), werden in den Fahndungsakten falsche Angaben zu besonderen Merkmalen eingetragen, damit die V-Leute nicht bei einer zufälligen Polizeikontrolle auffliegen.

In Böhnhardts Fahndungsakte war zum Beispiel ein Tattoo auf der linken Wade aufgeführt.

Sollte er je in eine Polizeikontrolle geraten, könnte er anhand des fehlenden Merkmals („seht meine linke Wade, da ist kein Tattoo“) beweisen, dass er nicht der Gesuchte ist.

PD Menzel wusste nichts von der Legendierung und den Falschangaben in den Fahndungsakten. Deshalb ist er prompt in die Falle getappt.

Als fleißiger Aktenleser hatte er sich gemerkt, dass in den Fahndungsakten Böhnhardts Tattoo auf der linken Wade vermerkt ist. Daraus hat er mit seiner Zeugenaussage konstruiert, Böhnhardt wäre anhand dieses Tattoos identifiziert worden.

Grundehrlich, dieser Polizeidirektor Menzel.

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