für Neueinsteiger, Querleser und alle, die durchblicken wollen.
Ein Gastbeitrag der Taskforce „Ludwig von Mises“
(mit freundlicher Unterstützung des lesenswerten Magazins „Eigentümlich frei“ Ausgabe Mai 2015)
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Erst knallte es und dann war alles anders. Nur wenige Ereignisse haben die politische Debatte so verändert wie eine Explosion im westsächsischen Zwickau am 4. November 2011. Wenig später entdeckte man im thüringischen Stregda, einem Ortsteil der Wartburgstadt Eisenach, ein brennendes Wohnmobil, in dem sich die Leichen zweier junger Männer aus Jena befanden, „die der rechten Szene zugeordnet werden“, wie es immer so unschön heißt. Die beiden hätten zuvor gemeinsam mit einer jungen Frau in der ausgebrannten Zwickauer Wohnung gelebt, die seitdem auch als „Terrornest“ bekannt ist, und seien als „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) mehr als zehn Jahre raubend und mordend durch Deutschland gezogen. Der weitere Verlauf – von der Fahndung nach Beate Zschäpe bis zur Eröffnung des Verfahrens gegen sie vor dem Oberlandesgericht in München – ist bekannt. Es häufen sich jedoch die Hinweise, dass an dieser offiziellen Geschichte so gut wie nichts stimmt. Die Folge: Nach seriösen Schätzungen glauben mittlerweile mehr als 65 Prozent der Deutschen nicht mehr, dass Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe etwas mit den ihnen vorgeworfenen Morden und Banküberfällen zu tun haben. Denn die gesamten Umstände des NSU-Komplexes, besonders aber die überlangen, auch nach mehr als 200 (!) Verhandlungstagen fast ergebnislosen Münchner Prozessverhandlungen sprechen dafür, dass diese Skepsis berechtigt ist.
„Arbeitskreis NSU“
Seit Mai 2014 kursierten im Internet polizeiliche Ermittlungsakten, die zahlreiche, zuvor in Foren nur vermutete Ungereimtheiten stichhaltig belegen. 2014 wurden diese von dem mysteriösen Whistleblower „fatalist“ in einem Blog („Lach- und Sachgeschichten“) schrittweise zugänglich gemacht und ausgewertet. Fatalist vermutet hinter dem NSU nicht weniger als einen Anschlag staatlicher Behörden auf den Rechtsstaat. Ein weitreichendes Geflecht aus Kriminellen, V-Leute-Netzwerken, Gesinnungstätern und Korruption hätte demnach dafür gesorgt, dass grundlegende rechtsstaatliche Institutionen und Verfahren nicht mehr funktionieren. Die Auslöser dieses Staatsversagens würden jetzt mit allen Mitteln versuchen, ihre Haut zu retten. Dieses publizistische Engagement hatte Folgen: Fatalists Klickzahlen schnellten in ungeahnte Höhen. Der erste Blog wurde aus mysteriösen Gründen abgeschaltet, worauf ein zweiter („NSU Leaks“) gestartet werden musste. Einige Behörden sollen sogar mit Vorladungen und Einschüchterungsversuchen reagiert haben, anstatt auf die neuen Ermittlungsansätze des Aktivisten zurückzugreifen. Danach bildete sich ein privater „Arbeitskreis NSU“, eine bunte Truppe von Expolizisten, Ingenieuren, Geisteswissenschaftlern, Künstlern, Familienvätern und –müttern, aus unterschiedlichen politischen Lagern kommend (Liberale, Linke, Piraten, Konservative). Sie alle arbeiten ehrenamtlich, das heißt in ihrer Freizeit, ohne Bezahlung, auf eigene Rechnung und eigenes Risiko. Sie alle haben sich zum Ziel gesetzt, die offizielle Aufklärung sämtlicher im Zusammenhang mit dem sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund noch offenen Fragen zu befördern. Dieser Arbeitskreis unterrichtete seither nicht nur alle relevanten Medien, sondern auch die Mitglieder des Deutschen Bundestages.
Während jedoch das mediale Establishment bei allen „Leaks“ eines Edward Snowden regelmäßig in Ekstase verfällt, hielt es sich in diesem Fall auffällig zurück. Weder der Kinderporno-Skandal um den leibhaftigen NSU Ausschussvorsitzenden Edathy, noch ein verdächtiges Zeugensterben konnten bisher an der medialen Schockstarre etwas ändern. Auch die Aufklärungsbemühungen des CDU-Abgeordneten Wolfgang Bosbach, immerhin Vorsitzender des zuständigen Bundestagsinnenausschusses, verliefen bisher im Sande. Bosbach stand dem Unterfangendes Arbeitskreises NSU zwar zunächst positiv gegenüber, es gelang ihm aber nicht, maßgebliche Akteure auf seitender Sicherheitsbehörden zur Kooperation mit den zuständigen Bundestagsgremien zu bewegen. Inzwischen kann man jedoch zumindest aus Andeutungen und zwischen denZeilen herauslesen, dass es im Dachgebälk der Berliner Republik seit Fatalist verdächtig knirscht. Ein Grund mehr, den wichtigsten Unstimmigkeiten der NSU-Story einmal nachzugehen.
Ein Haus in Zwickau und seine Bewohner
Etwas detaillierter klingt die offizielle Geschichte in etwa so: Die drei Neonazis aus Jena tauchten 1998 nach einer Razzia unter und bewohnten seit 2008 gemeinsam eine Wohnung in der Zwickauer Frühlingsstraße. Während Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach einem missglückten Banküberfall in Eisenach Selbstmord verübten, rettete eine verzweifelte Beate Zschäpe am 4. November 2011 zunächst ihre Katzen und dann sich selbst vor einer Explosion dieses Hauses, die sie selbst verursacht hatte. Unbestritten ist dabei, dass die drei in den 90er Jahren Neonazis waren und das menschenverachtende Programm dieser Szene mal mehr, mal weniger lautstark vertraten. Doch verhandelt wird in München über Taten, die danach begangen wurden. Oder begangen worden sein sollen. Und damit befinden wir uns schon mitten in einem verwirrenden Geschehen, in dem Gut und Böse zu verschwimmen scheinen. Dabei spielt das Haus in der Frühlingsstraße eine zentrale Rolle. Im Explosionsschutt vor dem Gebäude und in der Wohnung wurden wichtige Beweismittel entdeckt. Hier soll sich das Hauptquartier der neo-nationalsozialistischen Terrororganisation NSU befunden haben. Nur merkwürdig: Die aufmerksamen Nachbarn bekamen davon fast nichts mit. Selbst die Katzenretterin sah nach Zeugenaussagen genau wie Susann E. aus, deren Mann kurz nach der Explosion als NSU-Unterstützer nahe Hannover verhaftet wurde. Nach den geleakten Akten zu urteilen, scheint das „Terror-Trio“ 2011 auch gar nicht mehr in der Wohnung gelebt zu haben. Die erhaltenen Strom- und Wasserrechnungen zeigten Verbräuche, wie sie bei Einpersonenhaushalten üblich sind. Zum anderen stellte sich heraus, dass die betreffende Wohnung inzwischen in zwei kleinere aufgeteilt worden war und niemand genau sagen kann, wer am Schluss die Miete bezahlte (in bar!). Seltsam auch, dass das NSU-Haus ausgerechnet kurz vor der Explosion an die Firma eines mysteriösen deutsch vietnamesischen Gemüsehändlers verkauft worden war, dessen Geschäfte offenbar so gut laufen, dass er sich Immobilien für 1,8 Millionen Euro zulegen konnte. Als das 2014 herauskam, machte sich eine private „Taskforce“ mit dem interessanten Namen „Kommando Ludwig von Mises“ auf den Weg in das beschauliche Schneeberg im Erzgebirge, um den angeblichen Firmensitz jener Vu GmbH beziehungsweise Vuanh GmbH zu besichtigen. Der Firmensitz stellte sich als unauffälliges Wohnhaus in einem Garten heraus. „Weder Klingelschild noch Briefkasten tragen einen Namen“, berichtete das Mises-Kommando. Ein Empfang von Behördenpost sei daher unmöglich. Auch habe diese Firma weder Webseite, noch Email oder eine öffentlich bekannte Telefon- oder Faxnummer. Das gleiche gilt anscheinend für die Firma des Klempners Portleroi, der zuletzt in dem gesprengten Zwickauer Haus tätig gewesen sein soll. Nicht mal ein von dem Arbeitskreis NSU engagierter Detektiv konnte helfen. „Die werden regelrecht versteckt, es gibt keine Fotos von denen, der Portleroi soll noch für irgendeine Behörde gearbeitet haben und man solle besser die Finger davon lassen“, so der Detektiv, der natürlich über gute Kontakte in Behörden, Dienststellen und Zeitungsverlagen verfügt.
Dazu kommt, dass Erwerb und Verkauf des Hauses Frühlingsstraße 26 nicht in den öffentlich zugänglichen Büchern der Vu-Firmen auftaucht. Es handelt sich hierbei um den seltenen Fall einer Kauf- und Verkaufs-Abwicklung innerhalb eines Jahres – was jeden, der schon einmal eine Immobilie erworben hat, in Erstaunen versetzen dürfte. Dabei ist die Frage, warum Herr Vu in leer stehende Immobilien mit riesigem Investitionsstau investiert, die auch noch in strukturschwachen Gegenden stehen, noch gar nicht beantwortet. Wozu dann überhaupt diese Immobilie erworben wurde, erscheint rätselhaft. Versicherungsbetrug scheidet im übrigen als Motiv aus, denn laut NSU-Leaks war die Versicherung bei Schäden durch „kriegerische oder terroristische Akte“ von Leistungen freigestellt.
Die „Rußlungenlüge“ und der „Geistercaravan“
Ein zweiter Teilkomplex betrifft den in Eisenach aufgefundenen, abgefackelten Caravan mit den darin befindlichen Leichen von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. Diese sollen zuvor eine Sparkasse überfallen haben, mit ihren Fahrrädern zum Wohnmobil zurückgekehrt sein und aufgrund der erfolgreichen Fahndung durch die Polizei Selbstmord begangen haben. Zuvor hätten sie noch das Wohnmobil in Brand gesteckt. Fatalist und sein Kreis glauben diese Story nicht. Sie sind fast sicher, dass die beiden schon tot waren, als das Fahrzeug dort abgestellt wurde, und fragen, warum Zeugen, die einen dritten Mann gesehen haben wollen, offenbar kein Glauben geschenkt wird. Dazu komme noch, dass die körperlichen Merkmale der Bankräuber erheblich von denen der beiden Uwes abweichen. Eine im Caravan später aufgefundene und als Beweismittel sichergestellte Monster-Maske ist zudem nicht mit der Maske, wie sie auf einer Überwachungskamera der Sparkasse zu sehen ist, identisch, sondern ähnelt ihr nur. Deswegen unterstellt Fatalist den Ermittlern sogar eine gezielte Manipulation des Tatorts. Am 21. November bestätigte Jörg Ziercke (SPD), Präsident des Bundeskriminalamtes, gemeinsam mit weiteren hochrangigen Vertretern der Ermittlungsbehörden vor dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages die These vom Doppelselbstmord in Eisenach. Diese These wurde durch die Behauptung untermauert, der Gerichtsmediziner habe in der Lunge von Mundlos Rußpartikel vom Brand des Wohnmobils gefunden, nicht jedoch bei Böhnhardt. Auf der Grundlage dieser Aussagen und wegen der angeblichen Tatwaffenfunde in Zwickau kam es dann zu der bekannten Entschließung des Deutschen Bundestages, in der die Abgeordneten einstimmig die Morde an den deutschtürkischen beziehungsweise -griechischen Ladenbesitzern und den beiden Heilbronner Polizisten durch das NSU Trio verurteilten. Erst mit seiner Aussage versetzte der BKA-Präsident die Abgeordneten in die Lage, seine Sicht der Dinge zu übernehmen. Fortbestehende Zweifel an der Selbstmordthese hätten es dem Bundestag unmöglich gemacht, die Entschließung angesichts nicht vollständig ausermittelter Todesfälle einstimmig anzunehmen. Pech für Ziercke und die Abgeordneten, dass der Gerichtsmediziner, der die Obduktion durchgeführt hatte, vor dem Oberlandesgericht München am 21. Mai 2015 widersprach. Kurz vorher hatte schon Dorothea Marx (SPD), die Vorsitzende des NSU Untersuchungsausschusses des Thüringer Landtags, erklärt, dass in keiner Lunge Rußpartikel gefunden worden seien. Der Abschlussbericht dieses Ausschusses bekräftigte diese Zweifel an Zierckes Aussagen. Das heißt nichts anderes, als dass die beiden jungen Männer bereits vor Ausbruch des Feuers tot gewesen sein müssen. Was einer gewissen Logik nicht entbehrt: Warum soll ein Selbstmörder ein Interesse daran haben, Spuren zu vernichten? Doch wer war dann der ominöse dritte Mann? Bei diesen Unstimmigkeiten im Caravan sollte es nicht bleiben: So wurde von Schüssen aus dem Fahrzeug heraus oder im Fahrzeug berichtet, die sich bei näherer Betrachtung als durch Brandeinwirkung explodierende Patronen herausstellten. Projektilteile im Kopf eines der beiden Toten, die nicht zur angeblichen Selbstmordwaffe passten, wurden nicht untersucht, womöglich sogar vorsätzlich. Auch die angebliche Beute des Überfalls (inclusive eines Betrages falsch gestückelten Registriergeldes, deren Geldscheinnummern in den Ermittlungsakten fehlen) soll erst spät gefunden worden sein und eher zu einem früheren Überfall gehört haben. Tatortaufnahmen zeigen fast unversehrte Beweisstücke in einer völlig verkohlten Umgebung. Und was ist eigentlich mit den Kindersachen im Wohnmobil? Ein DNS-Abgleich mit Kindern möglicherweise involvierter Rechtsradikaler scheint bisher unterblieben zu sein. Die „Berliner Zeitung“ berichtete zudem von falsch zugeordneten Patronen. Selbst der Mietvertrag des Wohnmobils enthält Merkmale einer Manipulation: Die Unterschriften des Originals und der Durchschläge sind anscheinend nicht identisch und wurden von verschiedenen Personen ausgeführt. Der Mietvertrag lief ursprünglich nur bis zum 1. November und wurde dann verlängert. Besonders auffällig: Angeblich enthält der Vertrag weder eine Fahrgestellnummer noch ein Kennzeichen. Eine endlose Geschichte? Eine der am meisten gebrauchten Formulierungen der privaten NSU-Ermittler lautet „nicht ausermittelt“. Besonders tragisch ist dabei natürlich das Schicksal der Mordopfer und ihrer Angehörigen, die vermutlich nie erfahren werden (oder nicht erfahren sollen?), wer der oder die Täter tatsächlich waren. Denn je mehr über die Mordfälle bekannt wird, desto unwahrscheinlicher erscheint eine Verbindung zu den verdächtigten Rechtsradikalen.
Das „große Bömbchen“ in Köln
Das gleiche gilt für den Bombenanschlag in der Kölner Keupstraße von 2004 mit 22 Verletzten. Ein dubioses Bekennervideo ist das einzige Indiz, das für eine Beteiligung des NSU spricht. Das Video („Paulchen Panther“), das seit 2011 in mehreren Versionen kursiert und in der Zwickauer Wohnung und im Eisenacher Wohnmobil aufgefunden wurde, entspricht in Stil und Machart zwar keineswegs anderen bekannt gewordenen neo-nationalsozialistischen Erzeugnissen dieser Art, gehört aber noch immer zu den zentralen Beweisstücken. Dem entgegen steht vor allem, dass sich von den zur Tatzeit in der Keupstraße Anwesenden niemand an Böhnhardt oder Mundlos und ein Fahrrad erinnern kann, das mit einem auffälligen Motorrad-Koffer ausgestattet war, in dem sich die Bombe befand. Ein von einer Überwachungskamera aufgenommener mutmaßlicher Täter ähnelt hingegen auffällig einem der beiden Zivilpolizisten, die wenige Minuten nach der Explosion am Tatort aufgetaucht sein sollen– nicht jedoch einem der beiden Uwes. Verwunderlich ist auch, dass sich an den Umschlägen, in denen einige DVDs mit dem Pink-Panther-NSU-Video verschickt wurden, DNS des Antifa-Aktivisten Tilo Giesbers befunden haben soll, nicht jedoch DNS der drei Hauptverdächtigen. Apropos Keupstraße: Warum wird eigentlich kaum thematisiert, dass es sich bei den meisten Opfern sowohl der Dönermord-Serie als auch des Keupstraßen-Anschlags nicht um Türken, sondern um Kurden handelte? Man solle endlich die Herkunft der Opfer richtig benennen, appellierte kürzlich auch Mehmet Tanriverdi von der Kurdischen Gemeinde Deutschland in einem offenen Brief an den Bundestag. 1
Heilbronn, Kiesewetter
Nicht ausermittelt ist auch der Mord an der Heilbronner Polizistin Michèle Kiesewetter. Diese war als Zivilfahnderin im Bereich Organisierte Kriminalität unterwegs, bewegte sich aber im gleichen Observationsgebiet auch als Streifenpolizistin. Polizei-Insider, zum Teil aus dem engeren Umfeld der jungen Frau, halten dieses Verfahren für grob fahrlässig und unprofessionell. Mutmaßliche Zeugen des Mordes waren hingegen Arthur Christ, Florian H. und seine Ex-Freundin, die kurz vor oder nach Aussagen zum Fall auf mysteriöse Weise ums Leben kamen. Nach den geleakten Akten zu urteilen könnte der Fall sogar noch viel weitere Kreise ziehen, denn es gibt eine ganze Serie ungelöster Todesfälle von jungen, nicht depressiven Leuten mit bester Gesundheit im Raum Heilbronn, deren Namen mysteriöserweise in den NSU-Akten genannt werden. Nicht ausermittelt sind darüber hinaus die Wege der angeblichen Mordwaffen in den Zwickauer Trümmerschutt und das Eisenacher Wohnmobil, eine lange Liste von DNS Spuren, die Quartiere des angeblichen NSU-Trios vor ihrer Zeit in der Zwickauer Frühlingsstraße, die Rolle der vielen V-Leute in ihrem Umfeld und in dem einiger Mordopfer, Entscheidungen der Ermittlungsbehörden selbst (etwa die, zahlreiche wichtige Akten unmittelbar nach dem 4. November2011 zu vernichten), die Rolle der Medien und vieles andere mehr. Erinnert sei auch an die äußerst dubiose Verwendung von Fahndungsfotos und persönlichen Daten in fiktiven Fahndungsakten von Sendungen öffentlich-rechtlicher Fernsehsender („Küstenwache“, ZDF 2004; „Tatort“, WDR 2001). Unverständlich auch das Schweigen der Hauptverdächtigen Beate Zschäpe und das merkwürdige Grinsen ihrer Anwälte – immerhin geht es um unaufgeklärte Morde. Der wohl intelligenteste Kommentar zum NSU-Komplex konnte deshalb wohl nur von einem Schriftsteller kommen: In seinem neuesten Roman „Das gibts in keinem Russenfilm“, in dem der Autor Thomas Brussig so tut, als regierten SED und Stasi noch immer die DDR, ist auch von einem „dämlichen Buch“ die Rede, in dem der Autor Simon Urban so tut, als sei es nach 1989 zum Mauerfall und einer Wiedervereinigung auf friedlichem Wege gekommen: „Allerdings holperte sein Thriller“, lässt Brussig seinen Erzähler sagen. „Urban dachte sich ein Jenaer Neonazi-Trio aus, das jahrelang im Untergrund lebt, Banküberfälle begeht und Türken umbringt, ohne dass Verfassungsschutz oder BKA die Spur aufnehmen. Na gut, dachte ich, wenn man sich als Schriftsteller etwas ausdenken muss, ist man sich für nichts zu schade.“ Am Ende dieses Schelmenromans entwertet eine in der DDR erfundene Umweltideologie sämtliche Wertvorstellungen der alten, aber hier nur noch desorientiert ihrem wirtschaftlichen und moralischen Zusammenbruch entgegen taumelnder „alter“ Bundesrepublik.
Nachwort:
Henning von Tresckow (deutscher Wehrmachtsgeneral und Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944):
„wir müssen es tun, koste es, was es wolle. Es kommt nicht auf den tatsächlichen Erfolg an, sondern darauf, daß wir der Welt zeigen, daß wir den entscheidenden Wurf gewagt haben“!
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Die Kurdische Gemeinde Deutschland e.V. weist allerdings darauf hin, dass die Opfer – eine deutsche Polizistin und neun Migranten (ein Grieche, acht Männer aus der Türkei, zwei davon eingebürgert) – bisher in der Öffentlichkeit als Grieche (oder griechischstämmig) bzw. Türken (oder türkischstämmig) benannt wurden. Die Bezeichnung Kurden (oder „kurdischstämmig“) fehlt hingegen. Mittlerweile ist uns jedoch bekannt, dass fünf der acht aus der Türkei stammenden Opfer kurdischer Abstammung sind. Wir bitten Sie daher in Ihrem Abschlussbericht, die Herkunft der Opfer richtig zu stellen.
http://kurdische-gemeinde.de/offener-brief-herkunft-der-opfer-richtig-benennen/
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