GEHEIMDIENSTE – FORTBILDUNGSKURS … TEIL 7: Fehlerhafte Lagebeurteilung

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Lektionen 1-7 :

https://sicherungsblog.wordpress.com/2015/02/05/geheimdienste-fortbildungskurs-teil-6-die-auswertung-der-erkenntnisse/

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Lektion 8

Fehlerhafte geheimdienstliche Lagebeurteilung

Obwohl die Geheimdienste mit den modernsten technischen Überwachungsmitteln ausgestattet und sowohl in personeller als auch in finanzieller Hinsicht über einen gigantischen Erkenntnisbeschaffungs-Apparat verfügen, ist die Auswertung in den seltensten Fällen fehlerfrei. Falsche Lageberichte führen dann zwangsläufig zu politischen Fehlentscheidungen.

Diverse Fehlerquellen sind dem Beschaffungsapparat immanent, deshalb kann das von der Basis beigebrachte Meldematerial nicht fehlerfrei sein.

Im Bereich der Auslandsaufklärung stützen sich die Dienste vorrangig auf Nachrichten-Zuträger, die aus den Kreisen der politischen Opposition des jeweils herrschenden Regimes angeworben werden. Solche Personen gewährleisten zwar, schon auf Grund ihrer Erpressbarkeit, ein hohes Maß an Loyalität gegenüber dem ausländischen Dienst, der sie führt und bezahlt, aber sie neigen dazu, ihre Berichte weniger nach den tatsächlichen Gegebenheiten, als nach ihren eigenen politischen Interessen abzufassen.

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Dazu fand ich in einer „finnischen Betrachtung zum Kriege“ ein beredtes Beispiel. Die Sowjetarmee hatte sich 1939/40 bei ihrem Überfall auf Finnland auf Erkenntnisse ihres KGB gestützt, der sich wiederum auf Lageberichte zur Situation in Finnland stützte, die er von den Aktivisten der finnischen kommunistischen Partei bekam. Weil die finnischen Kommunisten selbst an die Macht kommen wollten, hatten sie ein Interesse am Einmarsch der roten Armee. Demzufolge stellten sie die Lage eher so dar, wie sie aus ihrer Sicht erwünscht war, und nicht so, wie sie tatsächlich war.

Auf Grund dieser falschen Lageschilderung glaubten die Russen, die finnischen Massen würden sich beim Einmarsch der Sowjetarmee erheben und mit ihnen solidarisieren. Sie glaubten, ihre Truppen würden in Finnland kaum auf nennenswerten Widerstand stoßen und würden als Befreier begrüßt. Tatsächlich war das Gegenteil der Fall. Die finnische Armee leistete erbitterten Widerstand. Finnland konnte nicht besiegt werden. Der russische Oberbefehlshaber soll später gesagt haben: „Wir haben gerade so viel Boden erobert, um unsere Gefallen darauf bestatten zu können.“

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Als weiteres Beispiel darf die Fehleinschätzung des BND hinsichtlich der Entwicklung des Aufstandes in Syrien gegen die Assad-Regierung gelten. Auch in diesem Fall stützte sich der BND überwiegend auf das von Regimegegnern beigebrachte Meldematerial. Infolgedessen war das Ergebnis der geheimdienstlichen Auswertung, zumindest vom Zeitpunkt des Beginns des Konfliktes und noch lange danach zwangsläufig unrealistisch. Erst 2014 musste der BND einräumen, die Lage in Syrien falsch eingeschätzt zu haben. Von der „Freien Syrischen Armee“ ist derzeit kaum noch etwas übrig geblieben. Dass der Assad-Regierung mit der IS-Organisation ein neues Problem erwuchs. ist eine andere Frage.

http://www.tagesspiegel.de/politik/kampf-gegen-den-is-die-menschen-in-kobane-lachen/11326976.html

Aber auch die Kampfkraft des IS wurde, zumindest im Zusammenhang mit Kobane falsch eingeschätzt. Der Fall von Kobane schien monatelang unausweichlich zu sein. Meine persönliche Analyse war von Anbeginn an anders.

(Vgl. dazu meinen Aufsatz vom 06.10.2014 „Kampf um Kobane“)

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Auch der im Großen und Ganzen sehr effektive Staatssicherheitsdienst der DDR kam hinsichtlich politischer Erscheinungen im Westen teilweise zu absurden Lagebeurteilungen, weil er sich vornehmlich auf das, von gesinnungsgleichen Antifa-Aktivisten übermittelte, geheime Meldematerial stützte.

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So war es beispielsweise der STASI nicht möglich, ein auch nur einigermaßen realistisches Persönlichkeitsprofil von mir zu erstellen. Die Auswertung von Antifa-Meldungen unter gleichzeitiger Berücksichtigung westdeutscher Presseberichte musste zwangsläufig ein falsches Bild ergeben. Aus den meine Person betreffenden STASI-Unterlagen ist ersichtlich, dass ein wesentlicher Nachrichtenzufluss aus den Kreisen der Tübinger Antifa gekommen sein musste. So wurde mir, bzw. der WSG beispielsweise unterstellt, an einer über dem DDR-Gebiet, mittels Heißluftballon durchgeführten Flugblatt-Abwurf-Aktion beteiligt gewesen zu sein. Die Aktion als solche hat es gegeben, es war eine von Axel Heinzmann organisierte Aktion des Tübinger HTS, aber weder ich noch irgendein WSG-Mann waren daran beteiligt.

Der Sinn und Zweck eines Briefes den ich im Jahre 1988, natürlich im vollen Bewusstsein der Kontrolle, aus der Haftanstalt Bayreuth an den Staatssicherheitsdienst der DDR geschrieben hatte, konnte vom Empfänger nicht erkannt werden. Aus den Stasi-Akten ist die Ratlosigkeit der Stasi-Auswerter erkennbar. Der Unverstand reichte sogar so weit, dass angenommen wurde es könnte sich um eine Provokation des BND handeln. Tatsächlich hatte mein Brief einen anderen Grund. Auf dem Kuvert stand der Vermerk: „Seit vielen Jahren ohne rechtskräftiges Urteil in Haft.“ Ich hatte gehofft, die DDR-Propaganda würde diesen rechtsbedenklichen Umstand aufgreifen und anprangern. Derartige Briefe habe ich damals nicht nur an die DDR sondern auch an viele andere Regierungen und namhafte Persönlichkeiten, wie zum Beispiel Nelson Mandela verschickt. Ich wollte international bekannt machen, dass es auch in der Bundesrepublik politische Gefangene gibt.

Eine weitere häufige Fehlerquelle ist der bei Geheimdiensten üblichen Modus, die Höhe der Spitzelprämien nach dem vermeintlichen Wert der Nachricht festzusetzen.

Ich kann Ihnen versichern, daß wir uns für Ihre Hilfe sehr erkenntlich zeigen werden. Die Summe wird allein von dem Wert dessen abhängen, was Sie uns zu sagen haben.“

(Victor Ostrovsky, Geheimakte Mossad, C. Bertelsmann Verlag GmbH, München, Seite 175)

Die Bezahlung der Informanten nach dem eingeschätzten Wert oder Unwert ihrer Berichte führt dazu, dass der Informant seine Nachrichten „andickt“ oder sogar frei erfindet. Denn nur dann, wenn er eine Information von vermeintlich hohem Wert liefert, kann er mit einer hohen Entlohnung rechnen. Die Folge ist eine Flut von unsachlichen, übertriebenen Darstellungen relativ unbedeutender Sachverhalte, was am Ende im Ergebnis bei der geheimdienstlichen Auswertung zu einer falschen Lagebeurteilung führt. Die falsche Lagebeurteilung wiederum gibt Anlass zu politischen Fehlentscheidungen.

Eine weitere, die geheimdienstliche Nachrichten-Auswertung beeinträchtigende Fehlerquelle ist das Kampfmittel der Desinformation.

Dabei sind zwei Anwendungsmethoden zu unterscheiden. Die gezielte Falschinformation und die zumeist massenhaft eingesetzten Informationen, die der psychologischen Beeinflussung dienen sollen.

Tatsächlich ist hier nicht nur die falsche Information gemeint, sondern grundsätzlich jede gezielte Information, welche den Adressaten in einem vorbestimmten Sinne beeinflussen soll.“

(Reinhard Gehlen, Der Dienst, v. Hase & Koehler Verlag, Mainz, 1971, Seite 339)

Unabhängig von der, von den Diensten zur psychologischen Beeinflussung angewendeten Desinformation ist die häufig von politischen, oppositionellen Gruppen angewendete Methode der Desinformation im Sinne reiner Falschinformation für die Auswertungsabteilungen der Geheimdienste weitaus nachteiliger. Um die Masse des über das Netz von tausenden Informanten eingebrachten „Meldematerials“ in seiner Gesamtheit bewerten zu können, bedarf es eines Korrektivs.

Nachrichtengewinnung benötigt stets ein kritisches Korrektiv, während umgekehrt die Lagebeurteilung auf die entsprechenden, fortlaufend zu beschaffenden Fakten angewiesen ist, (…)“

(Reinhard Gehlen, Der Dienst, v. Hase & Koehler Verlag, Mainz, 1971, Seite 53)

Dieses Korrektiv besteht darin, die einzelnen V-Mannberichte zu einem jeweils gleichen Vorkommnis miteinander zu vergleichen. Herrscht weitgehende Übereinstimmung, so ist damit scheinbar die Richtigkeit des aus der gesamten Nachrichtenmenge herausgefilterten Tenors bestätigt. Aber das wissen natürlich die Erzeuger der Desinformation auch. Es ist deshalb der Erfolg des Einsatzes von Desinformation nur eine Frage der Menge der in den geheimdienstlichen Nachrichtenbeschaffungsapparat eingeschleusten Falschmeldungen.

Die gezielt angewendete Desinformation kann den damit angegriffenen Geheimdienst oft zu einer falschen Lagebeurteilung veranlassen, aber zumindest Unsicherheit hervorrufen, Letzteres dann, wenn die Desinformationsstränge nicht nur in eine Zielrichtung laufen, sondern gleich mehrere Richtungen mit gleichwertiger Wahrscheinlichkeitsvermutung abdecken.

Massenhaft angewendet kann die Desinformation den Geheimdienst soweit verunsichern, dass er nicht mehr in der Lage ist, ein eindeutiges, klares Lagebild zu erstellen. In einer Zeit der totalen elektronischen Überwachungsmöglichkeiten, kommt der Desinformation als Kampfmittel gegen die geheimdienstliche Überwachung die größte Bedeutung zu.

Selbst wenn der Geheimdienst weiß, dass Desinformationen ausgestreut werden, wenn er zum Beispiel fünf unterschiedliche Nachrichten bekommt, wovon aber nur eine zutreffend sein kann, ist es nicht leicht oder gar nicht erkennbar, welche der diversen Nachrichten die falsche und welche die richtige ist.

Eine realistische Lagebeurteilung wird durch das Kampfmittel der Desinformation erschwert, oder ganz unmöglich gemacht.

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Einflussnahme auf Politiker und Presse

Der Nachrichtendienst muss von allen staatsbejahenden Parteien und allen Kräften die Gesellschaft bildenden positiven Kräften getragen werden.“

(Reinhard Gehlen, Der Dienst, v. Hase & Koehler Verlag, Mainz, 1971, Seite 263)

Jeder Nachrichtendienst hat Sonderverbindungen und muss sie haben, um alle Möglichkeiten der Erkenntnisgewinnung auszuschöpfen.“

(Reinhard Gehlen, Der Dienst, v. Hase & Koehler Verlag, Mainz, 1971, Seite 251)

Mit anderen Worten, sämtliche staatstragenden Parteien und die als „positive Kräfte“ betrachteten Institutionen des öffentlichen Rechts, sowie auch Gewerkschaften und Kirchen, und nicht zuletzt auch die Medien müssen vom Geheimdienst unterwandert und gelenkt werden.

Ich habe mich immer um Freunde und Förderer für den Dienst bemüht, vor allem aus dem journalistischen Bereich,(…)“

(Reinhard Gehlen, Der Dienst, v. Hase & Koehler Verlag, Mainz, 1971, Seite 251)

Ich werde auf unsere Pressearbeit noch wiederholt zurückkommen, vor allem weil der Dienst damals um die Beziehungen vielfach beneidet und in diesem Zusammenhang auch Mißdeutungen unterworfen war.“

(Reinhard Gehlen, Der Dienst, v. Hase & Koehler Verlag, Mainz, 1971, Seite 187)

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Auf dem Feld der Infiltration und Unterwanderung sämtlicher Institutionen und Organisationen von Belang, war und ist noch immer der deutsche Geheimdienst sehr erfolgreich. Dabei erweist sich die Methode der Überwachung und Ausspähung der noch im Jugendalter befindlichen künftigen Bürger als nützliche Vorsortierung nach den Kriterien „Gegner des Systems“, odr eben „Befürworter des Systems“  und damit mögliche Zielperson zur Anwerbung für den Geheimdienst.

Noch bevor ein junger Mensch in das öffentliche Leben entlassen wird und dort in der Gesellschaft seinen Platz sucht, werden schon vom Geheimdienst die Weichen gestellt:

Ich halte daher an der Überzeugung fest, dass der Dienst, wie übrigens die meisten befreundeten Nachrichtendienste, im Bereich des öffentlichen Lebens, in erster Linie an den Universitäten, über „Vertrauenspersonen“ verfügen muss, die laufend Hinweise auf Personen geben….“

(Reinhard Gehlen, Der Dienst, v. Hase & Koehler Verlag, Mainz, 1971, Seite 255)

Aus den authentischen Bekenntnissen der Geheimdienstinsider Reinhard Gehlen und Victor Ostrovsky ist die totale Herrschaft der auf deutschem Boden agierenden, formalrechtlich deutschen, aber fremdgesteuerten Geheimdienste über das deutsche Volk ersichtlich.

Dabei sind Bundesnachrichtendienst, MAD und Verfassungsschutz keine dem deutschen Volk dienenden Institutionen, sondern sie sind selbst auch nur die Gewaltunterworfenen fremder, finsterer Mächte.

Wer etwas dazu beitragen möchte, die gesellschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland positiv zu verändern, sollte sich darüber klar sein, dass er beim Wahlvorgang mit seiner Stimme nur einer Marionettenregierung behilflich ist, ihr fremdbestimmtes Rollenspiel auf der politischen Bühne aufzuführen. Ein Parteienwechsel kann die notwendigen Veränderungen niemals bewirken. Das Problem ist das System.

Diese Erkenntnis ist bitter, aber zum Verständnis der Lage der Nation notwendig.

Karl-Heinz Hoffmann 03.02.2015

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10 comments

  1. Beate Zschäpes Verteidiger fordern, eine Nebenklägerin aus dem NSU-Prozess auszuschließen. Womöglich wollen sie mit dem Antrag vor allem einen kritischen Anwalt loswerden.

    http://blog.zeit.de/nsu-prozess-blog/?_ga=1.3851827.2001599459.1422361772

    „Es gibt Gemeinsamkeiten mit den Taten der NSU in Deutschland“ (vor allem DER NSU, noch heißt es DER Untergrund)

    2. Seite: Es gibt Gemeinsamkeiten, aber auch viele Unterschiede. Zum Beispiel haben zwei der mutmaßlichen Täter für den militärischen Geheimdienst gearbeitet, ähnlich wie im direkten Umfeld des NSU auch. Und natürlich hat die Polizei wie bei der NSU-Mordserie erst einmal im Umfeld der Opfer ermittelt. Auch hier nahm man an, dass es sich um eine interne Angelegenheit handelte. An rassistisch und antiziganistisch motivierte Taten hat niemand gedacht.

    http://www.zeit.de/kultur/film/2013-08/interview-szilvia-varro-roma-in-ungarn

    http://www.zeit.de/kultur/film/2013-08/interview-szilvia-varro-roma-in-ungarn/seite-2

    Die Roma-Familien warten auf ihre Entschädigung In Ungarn gab es eine Mordserie, die an die Taten des NSU denken lässt. Auch nach dem Prozess ist längst nicht alles aufgeklärt
    VON STEPHAN LÖWENSTEIN BUDAPEST.

    Zwei Tage vor dem Jahreswechsel beschloss die ungarische Regierung, dass die Angehörigen der Opfer einer grausamen Mordserie eine Entschädigung bekommen sollen. Sechs Menschen, alle von ihnen Roma, waren 2008 und 2009 aus offensichtlich rassistischen Motiven heimtückisch erschossen worden. Es war nicht der Staat, der gemordet hatte. Aber die staatlichen Sicherheitsbehörden hatten kläglich dabei versagt, die Morde zügig aufzuklären und dafür zu sorgen, dass die Serie womöglich eher geendet hätte. Bis zum heutigen Tag haben die ungarischen Behörden …

    Artikel wurde gelöscht bzw. ist nur gegen Entgelt einsehbar…. aber als Zeitungsmessie habe ich den natürlich, kann ihn aber nicht in pdf umwandeln…

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