Tag Archives: Gastbeiträge

Fangschuß © Parlograph

Veröffentlicht am

Und immer trifft es die Polizistinnen und Polizisten, die für ein bescheidenes Einkommen ihren Kopf für uns alle hinhalten. Und die an Leib und Seele Schaden nehmen, wenn Wutbürger aller Art sie als Prellbock für ihre Frustrationen missbrauchen.“
Georg Anastasiadis, Chefredakteur Merkur

Am 31. Januar wurden in der Westpfalz zwei Polizisten erschossen. Die Opfer: der 29jährige Oberkommissar Alexander Klos und die 24jährige Polizeianwärterin Yasmin Bux.1) Bundesweites Entsetzen auf allen Kanälen und öffentliche Hatz nach dem mutmaßlichen Täter, mit Foto und Namen, noch am selben Tag wird er im saarländischen Sulzbach festgenommen, zusammen mit seinem Komplizen.

Trotz Umwertung aller Werte seit Jahren, ein Polizistenmord trifft noch immer einen empfindlichen Nerv, so scheint es, von „hinterhältiger Tat“ ist die Rede, vom „Angriff auf den Staat“, einem „schrillen Alarmruf für uns alle“, Nancy Faeser, sog. Bundesinnenministerin spricht von Hinrichtung.2) Wie sie darauf kommt? Vermutlich der Kopfschüsse wegen, dem Beamten Klos soll in den Hinterkopf geschossen worden sein.3)

Über den Hauptverdächtigen wissen wir am Abend Bescheid: der finanzielle Druck, das Wildern, drohende Insolvenz, Trennung – alles wird rausgekramt, das ganze kleinbürgerliche Elend, für die Medienmeute eine Fingerübung, während der Pawolow’sche Spürhund in uns an den Mordanschlag auf Kiesewetter und Arnold denkt, 2007 in Heilbronn, jenseits des NSU-Märchens bis heute nicht aufgeklärt. So viel zur Bedeutung ermordeter Polizisten.4)

Auch diesmal gibt es ein paar Probleme und schon wieder einen gefundenen Personalausweis. Erstes Indiz, das etwas faul sein könnte oder doch nur Verschwörungswahn?

Dubiose Personen

Abläufe, Tatumstände und der gesellschaftliche Rattenschwanz jedenfalls, auf der Pressekonferenz der Westpfälzer Polizei präsentiert, machen skeptisch.5)

Um Eigentumskriminalität ging’s beim geplanten Polizeieinsatz in der Nacht vom Sonntag auf Montag, irgendwo im Niemandsland bei Kusel, in der Nähe eines Truppenübungsplatzes, um einen bekannten Dieb oder Einbrecher aus der Gegend also, den man endlich in flagranti ertappen wollte und bei dem „keine Hinweise auf Waffen“ vorgelegen hätten. Wie konnte man da so sicher sein?

Drei Fahrzeuge seien im Einsatz gewesen: zwei Funkstreifenwagen und ein Zivilfahrzeug, in letzerem die beiden späteren Opfer, sie sollten aufklären und Weiteres den Kollegen überlassen, auch Personenkontrollen.

Trotzdem hätten sie zwischen Mayweilerhof und Ulmet „dubiose Personen festgestellt“, der Kofferraum ihres Fahrzeuges sei voller Wildtiere. Das geben sie um 4.19 Uhr per Funk durch und fordern Unterstützung an. Ziemlich vage und mit ihrem Auftrag hat es wenig zu tun; was die Kollegen antworten, erfahren wir nicht. Unmittelbar darauf der Hilferuf: „Komm schnell, die schieße, die schieße, komm schnell!“, jetzt erst reichen sie ihren Standort nach: „Wir sind zwischen Ulmet und vierzig zwölf ist gleich in Erdesbach (?), wir kommen.“ (phon. PK min 6.40). Dann sei ein Schuß zu hören gewesen und der Funkverkehr bricht ab.

Erst zwölf Minuten später treffen die Unterstützungskräfte ein, die Anwärterin liegt bereits tot vor dem Zivilfahrzeug, ihr Kollege schwer verletzt an einer Böschung, auch er verstirbt kurz darauf.6)

22 Hirsche und 51 Sekunden

Im Fluchtauto der Tatverdächtigen werden später zweiundzwanzig Stück Damwild gefunden; Bäckermeister Schmitt und sein Helfer Florian haben das Kunststück geschafft, in einer Nacht ein stattliches Rudel zu erlegen. Zweiundzwanzig Hirsche, die, aus irgendeinem Grund durch die ersten Schüsse nicht verschreckt, geduldig auf den Abschuß warten, statt das Revier schleunigst zu verlassen? Niedergestreckt im Viertelstundentakt, ein Gemetzel, das unbemerkt bleibt? Schmitt habe sogar aus dem Auto heraus geschossen, eine nächtliche Safari?7)

Getroffenes Wild kann hunderte Meter weiterlaufen, es gibt eine Nachsuche im Dunkeln, schwierig genug, trotz Nachtsichtgerät (?) und Hunden, das verwundete Tier wird „abgefangen“, also getötet, direkt (?) zum Renault-Kastenwagen transportiert und dort verladen, das Fahrzeug aber steht nicht auf einem Waldweg, sondern, für jeden sichtbar, am Straßenrand?

Jedenfalls: Eine Menge Arbeit für ein paar Nachtstunden, ein männlicher Damhirsch bringt es auf durchschnittlich 70 Kilogramm, Hirschkühe auf etwas mehr als die Hälfte. Schmitt will das Fleisch verkaufen: Die Wildbrethygiene verlangt, erlegtes Wild wegen schneller Keimbildung innerhalb von zwei Stunden „aufzubrechen“ und zu „versorgen“.

Dort am Straßenrand der K22 fallen sie der Zivilstreife auf, den Polizisten kommt der Transporter verdächtig vor. Halten sie an, um mal eben in den Laderaum zu schauen? Die Hecktüren seien offen gewesen, mutmaßt die Polizei.8) Sprechen Klos und Bux den Fahrer an – entgegen der Einsatzweisung, nur aufzuklären? Eine Dashcam, die das aufzeichnet, gibt es nicht.

So viel scheint klar: Die Anwärterin überprüft Schmitts Führerschein und – den Personalausweis. Warum diesen? Der gesuchte Dieb aus der Gegend ist es nicht. Was will sie noch? Fällt Schmitt keine Erklärung ein, warum man dort hält? Eine Panne, ein wichtiger Anruf, irgendwas? Auf Fotos wirkt er offen, sympathisch, kommunikativ.

Trotzdem der Funkspruch: Dubiose Personen … Aber wie geht es weiter? Warum keine Eigensicherung, obwohl „dubiose Personen“ mit einer Ladung Wild durchaus bewaffnet sein können? Die Waffen bemerken sie bei der Kontrolle nicht? Weil die abgedeckt sind und nicht wirklich „griffbereit“? Liegen sie im Frachtraum? Auch bei Renault beginnt die durch eine Wand abgetrennte Ladefläche direkt hinter dem Sitz.

Beim Umfang seiner illegalen Jagden mußte Schmitt damit rechnen, daß es eines Tages zu Ende sein würde, zufällige Zeugen, eine Verkehrskontrolle, ein Unfall. Hatte er für diese Situation einen Plan? Hat er den Vorsatz bereits gefaßt, notfalls zu schießen, um seine desolate Existenz zu retten? Warum gibt er dann seine Papiere überhaupt erst heraus?

Schmitt tötet plötzlich beide Polizisten, denn Florian V. bestreitet eine Beteiligung,9) zuerst die Anwärterin, die seinen Führerschein überprüft, mit einem gezielten Kopfschuß aus der Schrotflinte, dann feuert er vier mal auf ihren Kollegen? Er müßte die Waffe wechseln, nachladen, ein Alleintäter sei kaum vorstellbar in der Dynamik des Geschehens, meint Oberstaatsanwalt Orten. Zuletzt wird auch Klos in den Kopf getroffen, die Hinrichtung, die der Polizist zunächst schwer verwundet überlebt?

Der Beamte hat das Feuer erwidert, das steht fest, er schießt vierzehn mal aus seiner Dienstwaffe, das ganze Magazin. Dem Angreifer mit dem Jagdgewehr gegenüber ist er eigentlich im Vorteil, geht er in Deckung, als seine Kollegin angeschossen wird? Setzt er dort den zweiten Funkspruch ab: „Komm schnell, die schieße …“? Hat er in dieser Situation dafür so viel Zeit? Immerhin 51 Sekunden, solange dauert diese zweite Verbindung.10)

Klos trifft den Transporter, vermutlich sogar einen Reifen, aber keinen der Angreifer, beide bleiben unverletzt. Der kaltblütige Mörder und sein Komplize fahren davon, Richtung Sulzbach, in die Wohnung von V., Führerschein und Personalausweis haben sie nicht gefunden. Das wirkt seltsam: Wie weit von der tödlich getroffenen Beamten entfernt fallen die zu Boden? Doch wohl eher im Nahbereich?

Komplikationen auch auf der Flucht: Nach wenigen Kilometern sei das beschädigte Fahrzeug liegengeblieben, berichtet der Spiegel, Schmitt habe einen Bekannten angerufen, der schleppt den Transporter ab – bis vor die Haustür von Florian V.?11)

Ein fast normaler Arbeitstag

Zwölf Minuten nach dem Schußwechsel sind die Kollegen am Tatort, finden die Opfer und Papiere des flüchtigen mutmaßlichen Mörders. Zwölf Minuten, das ist viel, zieht man vier Minuten für’s Anlegen der Schutzausrüstung ab, wie weit ist die Anfahrt, etwa zehn Kilometer bei 80 km/h? Erstaunlich für einen Einsatz, bei dem man gemeinsam einen Dieb auf frischer Tat ertappen will. Weil man nicht genau wußte, woher der Funkspruch kam? Kein ständiger Funkverkehr, keine Abstimmung, wohin man gerade fährt?

In dem Moment, als die beiden Polizisten nicht mehr erreichbar sind, muß der Einsatzleitung klar sein, daß die gefallenen Schüsse damit im Zusammenhang stehen, daß die Kollegen verletzt sind und jede Minute zählt. Und doch wird keine Ringfahndung ausgelöst? Keine Straßenkontrollen, kein sofortiger Hubschraubereinsatz? Wenn das Fluchtauto liegengeblieben war, wäre die Fahndung möglicherweise schon nach kurzer Zeit beendet.

Aber man hat ja die Adresse des flüchtigen Täters. Die Maßnahmen konzentrieren sich in Richtung Saarland, wo der Verdächtige lebt, man sucht ihn später auch öffentlich, in allen Medien, nur Schmitt und sein Helfer scheinen davon nichts mitzubekommen, sie zerwirken seelenruhig Wild bei Florian V., als sei nichts passiert, das Fluchtfahrzeug mit Einschüssen und Jagdbeute steht vorm Haus, auch die mutmaßlichen Tatwaffen, eine doppelläufige Schrotflinte und eine Winchester „Bergara 308“12), selbst die Taschenlampe eines der Mordopfer werden dort sichergestellt;13) eine „Beweisorgie“ – wieder mal. Bei Durchsuchungen finden die Beamten weitere Waffen und tonnenweise verarbeitetes Wild.14)

Keine spektakuläre Flucht, kein Amoklauf, kein erweiterter Suizid, kein Kampf, kein Abgang mit großem Knall – nichts davon: Einsatzkräfte nehmen die mutmaßlichen Täter in Sulzbach fest, ohne Widerstand, Schmitt zuerst, als er 17.05 Uhr die Unterkunft verläßt. Er trägt seine Arbeitsschürze.

Jägerlatein

Wer ist der Täter? Die öffentliche Meinung hat ihr Urteil schnell gefällt: Eine gescheiterte Existenz, ein Gesetzloser, einer, der „reizbar“ ist, mit einer „kurzen Zündschnur“, der seine Hunde frei rumlaufen ließ, ein Versicherungsbetrüger, jemand, der zu viel wollte und auf die schiefe Bahn geriet und für den es immer enger wurde, eine Abwärtsspirale, an deren Ende er zwei Polizisten erschießt. Eine klassische Verdeckungsstraftat, die nichts verdeckte, weil man den Ausweis vergaß.

Doch es scheint perfekt zu passen: die Insolvenzverschleppung der Bäckerei, der anrüchige Handel mit Wildfleisch, die Fahrerflucht, verlorene Jagdberechtigung, familiäre Probleme. Wenn jetzt die Wilderei aufflog, dann war alles aus, das durfte nicht geschehen, er mußte die Beamten beseitigen, die ihn kontrollierten und die Jagdbeute gesehen hatten, einen anderen Ausweg gab es nicht. Das ist in etwa die Erzählung vom Wilddieb Schmitt, der zum Polizistenmörder wird.

Wer lange genug sucht, entdeckt noch eine andere Seite: den gut vernetzten Macher, der nicht aufgibt trotz aller Rückschläge, den Familienmenschen, den Wohltäter. Ein moderner Dr. Jekyll also, der tagsüber Gebäck verkauft und nachts als Jäger Hyde im heiligen Deutschen Wald zur Killermaschine mutiert.

Nachträglich schickt der oberste rheinland-pfälzische Jäger eine Warnung ins Revier:15)

In den letzten zwei, drei Jahren sei Andreas S. dann zum Wildern übergegangen, so Mahr, und habe 400 bis 500 Stück Schalenwild pro Jahr geschossen und verarbeitet – also Rehe, Hirsche, Wildschweine. Das „Bermudadreieck“ seiner Jagd-Aktivitäten lag laut Mahr zwischen französischer Grenze, Kaiserslautern und Kusel und umfasste damit rund 480 Jagd-Reviere.

„Ich würde es nicht ausschließen, dass wir auch auf der Liste von diesem Herrn gestanden haben könnten“, sagt Mahr und erzählt von einer seltsamen Begegnung „mit Fahrgeräuschen und Kleinkaliberschuss“.

Mahr mahnt in der Sprachnachricht seine Jäger im Verband zur Vorsicht: „Im Notfall mit der Waffe im Anschlag ans Auto zurückkehren, wenn man ein ungutes Gefühl hat.“

Mahr: „Hoffentlich ist dieser Bastard jetzt aus dem Verkehr gezogen.“

Davon ist wohl auszugehen, aber 400 bis 500 Tiere pro Jahr? Woher nimmt er das? Nicht immer dürfte der Verdächtige so unverschämtes Jagdglück gehabt haben wie zuletzt, bei ein bis zwei geschossenen Tieren pro Jagd wäre er fast jede Nacht unterwegs gewesen. Sein Treiben war bekannt und niemand konnte ihn stoppen? Mehrere Verfahren nach Anzeigen wegen Wilderei jedenfalls wurden eingestellt aus Mangel an Beweisen, bisher kam er immer davon.

Tabu

Das Wasser mag Schmitt bis zum Hals gestanden haben, durch Gewaltdelikte war er nicht aufgefallen, der Jagdunfall mit Schrotflinte, für den er 90 Tagessätze bekam, widerspricht dem nicht. Zur „Hinrichtung“, dem kaltblütigen Doppelmord will auch die überstürzte Flucht vom Tatort nicht recht passen.

Erinnert ihr euch an die „rassistische“ Operative Fallanalyse des LKA Baden-Württemberg für die BAO „Bosporus“, die helfen sollte, die Dönermorde aufzuklären und Deutschen grundsätzlich eine hohe Hemmschwelle bei Mord attestiert? Die schrieben damals:16)

Vor dem Hintergrund, dass die Tötung von Menschen in unserem Kulturraum mit einem hohen Tabu belegt ist, ist abzuleiten, dass der Täter hinsichtlich seines Verhaltenssystems weit außerhalb des hiesigen Normen- und Wertesystems verortet ist.“

Dieses kulturelle Tabu dürfte für den Mord an Polizisten erst recht gelten, noch immer. In der Westpfalz wurde der letzte Polizist vor 50 Jahren von der RAF erschossen:17)

Am 22. Dezember 1971 unternahmen sieben RAF-Mitglieder einen Überfall auf die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank in Kaiserslautern, Fackelstraße 29 und erbeuteten 134.000 DM. Der damals 32-jährige Schoner wurde vor der Bankfiliale auf einen roten Kleinbus aufmerksam, der im Haltverbot stand. Als er den Fahrer kontrollieren wollte, schoss dieser sofort. Der Polizist schaffte es, sich verletzt zur Eingangstür zu schleppen. Dort traf er auf die hinausstürzenden Terroristen, die ihn erschossen.

Reichte eine drohende Anzeige wegen unerlaubter Jagd, um diese starke psychologische Barriere bei Schmitt plötzlich niederzureißen? Oder sind doch die Montagspaziergänger schuld?

„Was macht das mit einem?“

Fassungslosigkeit bei den Ermittlern auf der Pressekonferenz der Polizei, aber noch wichtiger: die Befindlichkeiten des Staates, das Schreckliche in einen größeren Zusammenhang stellen, darum geht es, um subtile Schuldzuweisungen, Konsequenzen. Die Bratsche spielt Dr. Gehring, der Leitende Oberstaatsanwalt:18)

Ich sehe bei der Polizei eine Kultur der Vernunft, eine Kultur der Höflichkeit, was das Verhältnis zum Bürger betrifft und ich bringe das nicht zusammen mit dem blinden Haß, der manchmal den Vollzugsorganen entgegenschlägt. Ich gehe davon aus, daß dieser blinde Haß zu einem gesellschaftlichen Problem geworden ist, daß er nicht durch die Polizei provoziert wird, nicht durch das Verhalten der Polizei provoziert wird, sondern eine andere Ursache hat, die wir angehen müssen.“

Was darf Satire, und irgendwann fragt ein RTL-Journalist den Polizeipräsidenten das Unvermeidliche: „Was macht das mit Ihnen, was macht das mit den Kollegen im Polizeipräsidium?“, von LOStA Gehring will er wissen:

Sie haben es angesprochen, es macht fassungslos, wie mit den Vollzugsorganen teilweise umgegangen wird, haben Sie gesagt. […] Haben Sie den Eindruck, daß es vermehrt zu solchen Fällen kommt und daß es […] auch schon unterschwellig beginnt mit Respektlosigkeit, Haß gegen Polizeibeamte oder andere offizielle Personen […]“

Startschuß für eine weitere Runde Betroffenheit, die das Denunzieren von Bürgerprotesten kaum verhüllt. Der Polizeipräsident berichtet über seine innere Bewegtheit und Tränen in den Augen, beiläufig erwähnt er die Spaziergänge. LOStA Gehring antwortet mit einer bizarren Heiligsprechung der Deutschen Polizei:

Polizei und Justiz befassen sich mit Fakten. Jetzt haben wir schon öfter erlebt, daß der Polizei in konkreten Verfahren Vorwürfe gemacht werden, sie würden irgendwie falsch vorgehen, sie würden Gewalt anwenden, die nicht notwendig ist usw.

Dafür gibt es rechtsstaatliche Mechanismen, wir untersuchen diese Vorfälle, und aus dieser Erfahrung heraus bin ich sicher, daß es hier keine Kultur, keine [unverständlich] in der Richtung gibt, sondern im Gegenteil, die Polizei geht mit diesen Vorwürfen auch um, sie versucht, sich auch nach außen so darzustellen, wie sie ist, nämlich, sie versucht einfach ihre Aufgabe zu erfüllen.

Und das hat mich zu dem Schluß kommen lassen, daß diese Vorwürfe – zum großen Teil sind die nicht provoziert oder veranlaßt durch irgendein Verhalten der Polizei, sondern ideologisch bestimmt und sind letztendlich gegen den Staat als solches gerichtet.

Das ist auch wieder nicht nachvollziehbar, weil es gibt keine Alternative zu einem demokratischen Rechtsstaat.

Und dieses Klima, also die ideologische Begründung von Vorwürfen, die keinen Anhaltspunkt in der Realität haben, das kann ja auch mal gefährlich werden und es könnte sein, daß auch dieser Fall damit zusammenhängt, wenn nämlich allgemein die Hemmschwelle gesenkt wird, wenn man den Staat als Haßobjekt sieht, obwohl es der eigene Staat ist, der die eigene Sicherheit garantiert, der die eigene Freiheit auch garantiert.

Und deswegen ist das sehr besorgniserregend.“

Da ist sie wieder, die Hemmschwelle, diesmal abgesenkt. Aber bei wem? Prügelnde Polizisten auf Coronademos, martialisches Auftreten schwarz uniformierter Milizen, Brutalität sogar gegen Alte und Behinderte, aus nichtigen Anlässen, offenkundig ein Konzept der Einschüchterung und Abschreckung, die sollen eigene Freiheit garantieren?

Ganz sicher ist das „ideologisch bestimmt“, aber nicht von Menschen, die Grundrechte einfordern, sondern von den radikalisierten Dienstherren der Dr. Gehrings und Polizeipräsidenten dieser Republik. Die versuchen im Eiltempo eine Alternative zum demokratischen Rechtsstaat zu errichten und die Justiz macht willig mit, der NSU-Schwindel hat es bewiesen.

Inzwischen finden fast ein Viertel der Bundesbürger, die BRD sei auf dem Weg in eine Diktatur.19) Das ist die Realität, Herr Oberstaatsanwalt, und dazu dürfte die Performance der Polizei erheblich beigetragen haben.

Haß und Hetze

Rechtfertigt Polizeigewalt in Zeiten staatlichen Coronaterrors einen Mord oder sonstige Angriffe auf Polizisten? Gibt es eine „klammheimliche Freude“ bei Spaziergängern? Natürlich nicht. Schwindende Achtung vor Beamten ist kein gewaltbereiter Haß, sie ist Ausdruck sehr verständlicher Enttäuschung.

Den Mord politisch auszuschlachten, zu instrumentalisieren, um Kritik an enthemmten Staatsdienern zum Schweigen zu bringen, um Bürgerproteste moralisch unter Druck zu setzen, zu delegitimieren durch Täter-Opfer-Umkehr, ist ziemlich mies.

Nun sind Schmitt und sein Komplize aber weder Reichsbürger, noch Querdenker oder AfD-Sympathisanten, vorerst jedenfalls, sie sind nur Kriminelle, ganz so leicht funktioniert die Schuldökonomie diesmal nicht. Kein Popanz, der die Gruppenschuld trägt, sondern diffuse Schuldgefühle sollen geweckt werden, bei angeblichen Demokratiefeinden, die in Wahrheit meist „bürgerliche Mitte“ sind. Deshalb nur Andeutungen, der verlogene Umweg über Hemmschwelle und Respektlosigkeit. Die üblichen Verdächtigen werden nicht gebraucht, denn Entsetzen und Verurteilung des Mordes vereinen alle Seiten der gespaltenen Republik, die integrierende Wirkung des Verbrechens verspricht den größeren Nutzen.

Vordergründig richtet sich der politische Zorn daher gegen Beifallsbekundungen zum Doppelmord, gegen „Haß und Hetze im Internet“, aber ohne politisches Risiko: Jene randständigen „dubiosen“ Kommentare, seien sie authentisch oder von interessierter Seite plaziert und aufgebauscht, werden „lagerübergreifend“ ebenso abgelehnt.

Wie praktisch allerdings: Einen Tag nach dem Verbrechen trat die Pflicht für soziale Netzwerke in Kraft, sogenannte Haßpostings künftig nicht mehr nur zu löschen, sondern für strafrechtliche Verfolgung dem Bundeskriminalamt zu melden samt IP-Adresse und Nutzerdaten.20)

Würde machiavellistische Regierungspolitik in der Krise einem Ereignis nachhelfen, das dem häßlichen Bild prügelnder Büttel den Opfergang zweier junger Beamter gegenüberstellt, um Akzeptanz der Bevölkerung für weitere Orwell’sche Gesetze zu erreichen? Ich meine: prinzipiell ja.

Anmerkungen und Links

1) https://de.euronews.com/2022/02/04/polizisten-mord-von-kusel-dreyer-macht-klare-ansage-an-polizei-hasser
2) https://www.rnd.de/panorama/kusel-schuesse-auf-polizisten-nancy-faeser-erinnert-tat-an-hinrichtung-4M4E2IEULMUMYN6QJRITM4SKL4.html
3) https://www.rtl.de/cms/kusel-polizisten-24-29-bei-routinekontrolle-durch-kopfschuesse-getoetet-verdaechtige-festgenommen-4909728.html
4) Dabei spielt übrigens keine Rolle, ob die Mordaufklärung an Landes- bzw. Staatswohlinteressen scheiterte oder an Unfähigkeit trotz ausgesetzter Rekordbelohnung von 300.000 Euro für Täterhinweise. Die mutmaßliche Verbringung der Dienstwaffen von Kiesewetter und Arnold nach Eisenach-Stregda 2011, das Entsorgen des Altfalles beim NSU-Phantom also, zeigt eine schwer erklärbare Vertuschungsabsicht durch die Polizei, die plötzlich „rational“ wirkt, wenn der Mordanschlag eine durch die Polizei selbst durchgeführte Komplettinszenierung und eigentliches Ziel der hohen Belohnung Informationsgewinnung in kriminellen Milieus gewesen ist.
5) https://www.youtube.com/watch?v=t8IXW8OG_v8
6) https://www.t-online.de/nachrichten/panorama/kriminalitaet/id_91628114/polizistenmord-in-kusel-verdaechtiger-gab-waffen-offiziell-weiter.html
Im Gegensatz zur Pressekonferenz und den meisten Pressemeldungen, ist bei T-Online bei Ankunft der Einsatzkräfte bereits tot.
7) „Mit aller Gewalt“, Der Spiegel, 6/2022, S. 48
8) ebd. S. 47
9) ebd. S. 47
10) Laut Pressekonferenz der Polizei dauert zweite Funkspruch von 4:20:17 Uhr bis 4:21:08 Uhr
11) „Mit aller Gewalt“, Der Spiegel, 6/2022, S. 48
12) ebd. S. 48
13) https://www.t-online.de/nachrichten/panorama/kriminalitaet/id_91628114/polizistenmord-in-kusel-verdaechtiger-gab-waffen-offiziell-weiter.html
14) „Mit aller Gewalt“, Der Spiegel, 6/2022, S. 46
15) https://www.focus.de/panorama/polizistenmord-von-kusel-hoffentlich-ist-dieser-bastard-aus-dem-verkehr-gezogen-jagd-praesident-redet-tacheles_id_48099917.html
16) https://dserver.bundestag.de/btd/17/146/1714600.pdf
17) https://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_Schoner
18) https://www.youtube.com/watch?v=t8IXW8OG_v8
19) https://www.welt.de/politik/deutschland/plus236698929/Vertrauensverlust-Fast-jeder-Vierte-hegt-Zweifel-an-der-Demokratie-in-Deutschland.html
20) https://www.bmj.de/SharedDocs/Artikel/DE/2021/0401_Gesetzespaket_gegen_Hass_und_Hetze.html

Was ist da eigentlich los, Achim Schmid?

Zuerst lasen wir das:

achim schmidtTweets von Vorgestern

Dazu noch das hier:

achim s 2https://rdl.de/beitrag/bedeutung-ku-klux-klan-f-r-naziszene-wohl-ohne-weitere-aufkl-rung-durch-pua-baden-w

.

Zeit, mal nachzufragen…

.

Stellungnahme zu Vorkommnissen der letzten Wochen

von Achim Schmid, 25. September 2015

.

Seit Ende 2000 bin ich Neonazi Aussteiger und seit Anfang 2003 auch KKK Aussteiger.

Mehr als 10 Jahre lebte ich ein Leben fernab von rechtem Wahnsinn, Rassismus und braunem Sumpf. Rückblickend, versuche ich heute selbst das „Weshalb“ und „Warum“ zu begreifen. So muss es sich anfühlen auf ein anderes Leben zurückzublicken. Und dies ist es auch. Ein anderes Leben, von dem ich sehr viel Distanz gewonnen habe. Was ich damals erlebt habe, ist nicht die Person die ich heute bin.

Ich wollte meine Vergangenheit niemals zu meiner Gegenwart und schon gar nicht zu meiner Zukunft machen. Ich wollte für immer damit abgeschlossen haben, und einfach versuchen, ein guter Mensch zu sein. Damals, gefangen im braunen Sumpf war das anders. Man sagt man habe Gutes im Sinn, verhält sich aber völlig konträr. Man sagte man für das Volk und Familie und tritt beide mit Füßen. Man sei für Völker gewesen und stehe für den Erhalt derer Identitäten ein aber verachtete und hasste diese gleichzeitig. Jedes „gegen“ wurde in ein „für“ umgedeutet. Man beschwerte sich über zu wenig gesellschaftliche Akzeptanz und kapselt sich gleichzeitig von ihr ab. Aber, so oft man es dreht und wendet, die rechte Szene macht einen eben nicht zu einem guten Menschen.

Dies schlug sich auf das gesellschaftliche Leben nieder, auf das Familienleben und auf Freunde. Schuld waren immer die Anderen. Man macht es sich einfach im braunen Sumpf. Auf der einen Seite waren wir, auf der anderen Seite die Anderen. Die Guten wollten wir sein. Das Mittel wurde zum Zweck und alles ließ sich rechtfertigen. So betrog ich mich und Andere jahrelang.

Im Jahre 2012 lag diese Lebenslüge zehn Jahre hinter mir. Eine Jugend die ich an Nazis und Rassisten verloren hatte. Viele Jahre meines jungen Lebens opferte ich auf, weil ich dachte es sei richtig. Und doch konnte es nicht falscher sein.

Als im November 2011 die NSU Zelle aufflog, nahm ich dies, als mittlerweile Normalbürger mit Unverständnis zur Kenntnis, schob es aber schnell wieder zur Seite. Es war niemand den ich kannte, und für mich waren meine früheren Bezüge zur rechten Szene „alte Kamellen“.

Bis im Spätsommer 2012 das Telefon klingelte. Ein Mitarbeiter des LKA wolle mich sprechen. Wegen des „Mordes“. Ich war perplex und musste nachfragen. Ich kannte diese Leute nicht, und das war auch alles nach meiner Zeit. Er wisse das, und man wolle mich auch lediglich als Zeuge befragen. Natürlich hatte ich nichts einzuwenden, und nach einigem Hin- und Her (es war das LKA in Baden-Württemberg und ich wohnte bereits seit Februar 2006 in Schleswig Holstein), wurde die Zeugenvernehmung dann auch durchgeführt. Ich hoffte etwas beigetragen zu haben, auch wenn ich keinen des „Trios“ oder des „NSU“ kannte. Ich war zu dem Zeitpunkt schon lange ausgestiegen und hatte seither auch keinerlei Ambitionen auch nur ansatzweise einer rechten Ideologie zu folgen. Das war nicht mehr ich. Ich hielt meine Pflicht als erfüllt und hatte keinerlei Ahnung was auch mich zukommen sollte.

Allerdings war dies der Anfang von Etwas, das sich nach nunmehr mehr als drei Jahren als Hexenjagd anfühlt. Die TAZ hatte bereits einen langen Bericht über mich verfasst, und plötzlich war die Presse überfüllt mit Berichten über mich und der Vermutung die KKK Gruppe, die ich damals gegründet und geleitet hatte, stünde mit dem NSU im Zusammenhang. Einer der beiden Polizisten die Mitglied in jener Klan Gruppe waren, war (viel) später Vorgesetzter von Michelle Kiesewetter, welche wohl vom NSU ermordet wurde. Dennoch, hatte all dies nichts mit mir zu tun. Dazwischen klafften FÜNF Jahre.

Doch wen interessiert das schon? Auf jeden Fall nicht die Medien, denn diese stellten mir nach, fotografierten Straße und Haus in dem ich wohnte, die Bild Zeitung stellte mir nach und zwang mich förmlich, mich in ein Interview zu äußern um Schadensbegrenzung zu begehen.

Niemand wollte auch nur annähernd wissen, wer denn dieser Schmid heute ist. Und ob man sich geändert hatte, spielte für eine mehr als 10 Jahre alte Geschichte keine Rolle.

Die Geschichte des Ku Klux Klan, die mit mir zusammenhing wurde auf meine Kosten genutzt, um Behauptungen aufzustellen, die darauf gerichtet waren, ohne Belege der Polizei und dem Verfassungsschutz politisch falsch und rechtsstaatswidrig gehandelt zu haben. Die Methoden die dafür eingesetzt wurden, konnten oftmals  seriösen Maßstäben nicht standhalten.

Die Folge war: Ich verlor meine damalige Familie, Kunden, Alles. Meine Existenz war zerstört. Ich war am Punkt an dem ich mit diesem Land abgeschlossen hatte.

Ein normales Leben war nicht möglich und die Kriminalisierung durch die Medien, machte eine jegliche Arbeitsaufnahme unmöglich. Es berichtete ja niemand über den „neuen Schmid“, sondern ließ es sogar so aussehen, als ei es unklar ob ich denn je ausgestiegen sei.

So war ich bislang abwechselnd oder auch gleichzeitig Nazi, NPDler, KKK Chef, V-Mann für mindestens zwei verschiedene Geheimdienste, mutmaßlicher NSU Unterstützer, einmal sogar Polizist – aber niemals der Aussteiger mit hohen Aufklärungswillen, den ich mittlerweile mehrfach öffentlich bewiesen habe.

So habe ich bereits beim Berliner Untersuchungsausschuss Stellung bezogen, bei einem Disziplinarverfahren und auch beim BKA als Zeuge ausgesagt, und mich ebenso dem PUA in Stuttgart als Zeuge angeboten. Ich habe hunderte von Telefonaten mit Journalisten geführt von denen mich Einige sehr fair behandelten und mir eine richtige Chance gaben, a) zu sagen was ich weiß, und b) mich als jener Mensch darzustellen der ich heute bin. Diesen Personen und Medien möchte mich hierfür danken! Ich habe bereits zahllose Interviews gegeben (man muss mich einfach eben nur fragen), und mich öffentlich geäußert. Jeder der mir heute noch einen Bezug zur rechten Szene unterstellt, oder behauptet dass ich noch einer rechten Ideologie anhänge und an meinem Ausstieg zweifelt ist schlichtweg blind und ignorant.

Ich werde als Kontaktmann zum NSU bezeichnet, weil ich als einzige Person aus Baden-Württemberg auf der Terzett-Liste mit Kontaktpersonen zum NSU stand. Als herauskam, dass ich auf jener Liste lediglich wegen eines Chemnitzbesuches im Jahre Winter 1993/1994 stand, war es ganz still. Und weder ein Herr Laabs, noch ein Herr Aust die mich sogar in ihrem Buch als NSU Kontaktperson diffamierten entschuldigten sich, noch der PUA in Stuttgart stellte dies klar, noch irgendein anderes Medium. Es wäre ja der Demontage der Existenz Schmid’s nicht zuträglich.

Als V-Mann soll ich einen KKK gegründet haben. Als Honigtopf versteht sich. Auch wenn BKA, LKA, Polizeidienststellen, LfV und ich selbst etwas anderes sagen – alle lügen. Es war konkret nun mal kein Honigtopf. Und wenn das LfV eine Bobachtung „vergeigt“ hat, weil das Thema KKK unterschätzt wurde und sie auch keinen Spitzel dort hatten, heißt das trotzdem noch lange nicht, dass es ein Honigtopf war.

Die KKK Gruppe der ich 1998-2000 angehörte,  war eine Sammlung von Rasssiten, die auf der Ebene des Handelns jedoch über das Niveau des alkoholgetränkten Stammtisches hinauskam. Aber es passt nun mal nicht in den Mythos des gefährlichen Schmid. Der KKK Mann. Spitzel. Der dann ganz durchknallte und seine Ex Frau ständig verprügelte. Was für ein schrecklicher Mensch muss das sein. Geändert hat der sich sicher nicht. Darf er nicht, das passt nicht ins Medienbild. Mein Aufklärungswillen und meiner Aussagebereitschaft zu den mir bekannten Fakten und Erlebnissen wurde kaum beachtet. Zugleich musste ich erst diese Woche wieder lesen, dass der Kontakt vom Stuttgarter NSU PUA zu mir abgebrochen sei und ich wohl nicht zur Aufklärung zur Verfügung stehe – bzw. meine Bereitschaft fehle, obwohl ich mich vor dem Wochenende in einer vertraulichen E-Mail an den Vorsitzenden des UA Herrn Drexler gewandt hatte.

Anscheinend werden diese Emails mit dem Betreff „Vertraulich“ und Priorität „Dringlich“ und „Hoch“ vom Absender „Achim Schmid“ auf dessen Aussage man DRINGLICHERWEISE wartet vor Sitzungsbeginn am Montag nicht gesichtet und daher vorschnell eine unwahre Aussage getroffen. Auch wenn Herr Drexler im Nachgang die Überschneidung bedauert, wurde dies in einigen Medien natürlich als Beweis betrachtet, dass ich ja gar nicht aussagen möchte.

Ich kann nicht verstehen, dass ein Ausschuss der einen öffentlichen Aufklärungsauftrag hat, vor Sitzungsbeginn nicht überprüft ob wichtige Nachrichten digital eingegangen sind, die jene Sitzung betreffen. Meine Email wurde das ganze Wochenende und bis nach Sitzungsende „übersehen“ – wie kann das sein?

Ich bot – da die zunächst von mir angeregte Videoschalte in der deutschen Botschaft am 6.7. seitens des PUA urplötzlich abgesagt wurde – an, im September persönlich zu erscheinen, sofern dies aufenthaltsrechtlich möglich sei, was ich zunächst auch erwartete, dass sich dies so ergibt. Leider mahlen die Gesetzes und Bürokratiemühlen auch in anderen Ländern langsam, und so ist es mir noch nicht möglich anzureisen.

Aufgrund der anderen Vorkommnisse um den PUA der vergangenen Wochen herum UND auch Angesichts der Dringlichkeit der Aufklärungsarbeit, bot ich dann zum WIEDERHOLTEN Male eine schriftliche Aussage an. Dies erstmals Mitte Mai 2015.

Hätte sich der PUA in Stuttgart anfangs bereits darauf eingelassen, hätten die Abgeordneten einen Fragenkatalog entwerfen können, welcher von mir mittlerweile längst wahrheitsgetreu beantwortet gewesen wäre. Doch was dem Berliner UA und bei einem Disziplinarverfahren Recht war, muss dem Stuttgarter PUA noch lange nicht genehm sein. Man sagte mir, dass es ein „Nachfragen“ erschwere.

Liebe Mitglieder des PUA, es ist mittlerweile September. Was denken Sie, wie viele Nachfragen seit Mai denn möglich gewesen wären? Bitte schieben Sie mir – einem der wenigen die „das Maul aufmachen“ und nicht an Rassistendemenz leiden, einem der die Sitzungen, meine Person und den KKK betreffend, bisher sogar LIVE auf Twitter kommentierte – nicht den schwarzen Peter zu, nur weil Sie es gerne Anders (bequemer) hätten. Beweisrechtlich und erkenntnistheoretisch kann ich einer Unmittelbarkeit meiner Präsenz nicht erkennen. Stattdessen wird wertvolle Zeit im PUA verschwendet in der sich Abgeordnete und die Öffentlichkeit über mich wundern, ich dadurch letztlich diffamiert, sukzessive kriminalisiert und diskreditiert werde. Der Bericht des PUA soll bis Ende der Legislaturperiode vorgelegt sein, und meine Aussage könnte, inklusive mehrfacher Nachfragen – bereits vorliegen.

Lieber Untersuchungsausschuss, machen Sie es doch nicht so schwer. Bevor es nicht nach Ihnen geht, scheint es so zu sein, dass Sie dann lieber auf meine Aussage verzichten, um mir dann den schwarzen Peter zuzuschieben. Man kann es sich auch einfach machen, aber mit Aufklärungswillen Ihrerseits hat das, so finde ich, leider nicht viel zu tun! Aber es scheint als wolle man nicht verzichten mich live ins „Kreuzverhör“ nehmen zu können. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass dies weder eine Gerichtsverhandlung ist, noch ich Angeklagter bin. Auch wenn mich manche gerne als einen solchen sehen möchten. Ein Zeuge Schmid mit hohem Aufklärungswillen darf wohl nicht sein. Warum?

Zeitgleich wird die Kette der Unterstellungen weiter verlängert: Im Gefängnis in den Niederanden soll ich nun gesessen sein. Im Mai 2000 wegen unerlaubtem Waffenbesitz. Dies hat man wohl dem Sonderbericht Jerzy Montag‘s zur V-Person Thomas „Corelli“ Richter entnommen?

Schmid der KKK Mann wollte sich Waffen besorgen. Die apodiktische Behauptung passt in die Kolportage der angeblichen Ereignisse ebenso wie das Bild eines „mauernden“ Schmid, der vor dem PUA in Stuttgart nicht aussagen will. Kann das Vexierspiel öffentlicher Spekulationen und Verunklarung von Ereignissen nicht auch geeignet sein, dem Schmid ja sogar etwas was anhängen? Der kannte nämlich jemanden, der jemand kannte, der den NSU vielleicht kannte, die üblichen schillernden Kontakthaftungsketten. Also etwas gesucht, um dem Ex KKK Chef zu einem zentralen Buh-Mann aufzubauen. Es dürfte nicht schwer sein festzustellen, dass ich in den Niederlanden nicht in U-Haft wegen einer Waffensache oder anderen Straftat gesessen habe. Statt des wird mittels Rufmord systematisch wird hier eine meine Existenz demontiert, aber nicht die Sachaufklärung des Mordkomplotts an Michelle Kiesewetter und ihrem Kollegen Arnold befördert. Die Geschichte eines Haftaufenthaltes in den Niederlandes stammt offensichtlich aus den Aufzeichnungen des Verfassungsschutzes, aus Abhörquellen und Darstellungen des V-Mannes Corelli.

Auch wenn ich über mehr als 10 Jahre fester Bestandteil der rechtsextremen Szene insbesondere der Nazi-Strukturen mit Zugang zu Führungsebenen im In- und Ausland und mit Sicherheit kein ‚guter Mensch‘ war, heißt das nicht, dass ich in den NSU verstrickt war. Ich habe nicht an militanter Kriminalität teilgenommen, nicht mit Schusswaffen agiert oder war zu Gefängnis verurteilt worden.

Nach meinem Ausstieg habe ich begonnen mich gegen Rassismus zu engagieren, will zur Aufklärung von rechtsextremen Bestrebungen und kriminellen Aktionen beitragen und Menschen warnen, sich in solche Ideologien zu Zusammenhänge zu verstricken.

Ich weiß, dass ich in der Vergangenheit anderen Menschen durch meine Aktivitäten sehr geschadet  habe. Leider kann ich die Uhr nicht zurückdrehen kann, aber ich kann dazu beitragen, Konflikte in der Gesellschaft nicht menschenfeindlich zu lösen.

Ich engagiere mich heute unmittelbar gegen Rassismus und Rechtsradikalismus, unterstütze EXIT-Deutschland und seinen AKTIONSKREIS ehemaliger Rechtsradikaler, schreibe momentan eine dreiteilige Buchreihe, dessen erster Teil zeitnah über das Zentrum Demokratische Kultur herausgegeben wird. Dieses Buch soll der Aufklärung dienen, aber auch Menschen ein persönlich empfundenes Zeichen sein, die Abkehr von Rassismus und Rechtsradikalismus, Freiheitsfeindlichkeit und ideologischer Gewalt zu vollziehen.

Achim Schmid

 

Wie zersetzt man oppositionelle Gruppen?

ein Gastbeitrag von moh

An der Juristischen Hochschule des MfS (Ministerium für Staatssicherheit der DDR) in Potsdam wurde am Fachbereich der „Operativen Psychologie“ intensiv zu den Methoden der Zersetzung geforscht. Stasi-Mitarbeiter wurden von hier ausgebildeten Psychologen in dieser Disziplin geschult.

Die Bücher „Magdalena“ von Jürgen Fuchs und „Zersetzung der Seele“ von Klaus Behnke und Fuchs enthalten u. a. Informationen aus Stasi-Aktenauszügen zu Zersetzungsmethoden, Operativen Kombinationen und zur Spaltung von politischen Gruppierungen.

Aus wikipedia zu Jürgen Fuchs:

Am 2. Januar 1992 gehörte er zu den ersten, die Einblick in ihre Stasi-Unterlagen nehmen durften. Aufsehen und Kritik erregte Jürgen Fuchs, als er im Dezember 1991 das, was die Staatssicherheit mit politischer Haft und „Zersetzungsmaßnahmen“ gegen wenigstens sechs Millionen Menschen in der DDR bewirkt hatte, mit dem Begriff „Auschwitz in den Seelen“ bezeichnete. Der Dichter und Liedermacher Wolf Biermann, Sohn des in Auschwitz ermordeten jüdischen Kommunisten Dagobert Biermann wie auch selbst Ziel von „Zersetzungsmaßnahmen“ der Staatssicherheit, verteidigte ihn ausdrücklich.

Fuchs starb 1999 infolge seiner Leukämieerkrankung. Sein krankheitsbedingter Tod nährte den Verdacht, er sei als Häftling des MfS vorsätzlich Gammastrahlen ausgesetzt worden. Sein Freund Wolf Biermann schrieb dazu: „Sein Tod mit 48 Jahren ist eines der Indizien. Fuchs starb an einem Blutkrebs, der auf Strahlenschäden hinweist.“ Der damalige Bundesbeauftragte für die Stasiunterlagen Joachim Gauck veranlasste eine wissenschaftliche Untersuchung. Die Gauck-Behörde konnte nach umfangreichen Recherchen aber nicht feststellen, dass radioaktive Substanzen oder Röntgenstrahlen gezielt zur Schädigung von Oppositionellen eingesetzt wurden. Jedoch offenbarte die Untersuchung verschiedene leichtfertige Verwendungen radioaktiver Substanzen durch die Staatssicherheit, zum Beispiel für die Markierung von Geldscheinen, die in Briefen verschickt wurden und der Aufklärung von Postdiebstählen dienen sollten, oder für die radioaktive Markierung von Manuskripten des SED-Kritikers Rudolf Bahro.

In dem Vorwort des Beiträge von 15 Autoren enthaltenden Buches „Zersetzung der Seele“ findet man folgende Erläuterungen zum Sinn und Zweck der Operativen Psychologie (S. 7):

Die „Operative Psychologie“ diente dazu, Mitarbeiter anzuwerben, sie „im Dienst“ zu stabilisieren und vor allem die Aktivitäten von Oppositionellen zu untergraben. Sie zielte auf eine Verunsicherung von Menschen und die Zerstörung von Persönlichkeiten, in den MfS-Unterlagen als „Zersetzung“ definiert….
Betroffene berichteten darüber umfangreich – vor allem nach Akteneinsicht, ohne jedoch die Vorsätzlichkeit und geheimdienstliche Methodik der Verantwortlichen lückenlos nachweisen zu können. Außerdem wurden viele Unterlagen bis Ende 1989 vernichtet…
Dies konnte nur gelingen, wenn Methoden der Sozialpsychologie und der Klinischen Psychologie gegen Andersdenkende eingesetzt wurden. Der Einsatz von Sozialtechniken und psychologischem Wissen gegen politische Gegner, das hat Amnesty International immer wieder deutlich gemacht, ist ein weltweites Diktatur- und Geheimdienstphänomen.


In abgemilderter Form finden Zersetzungsmethoden auch in Unternehmen und besonders in Behörden zur Disziplinierung von renitenten Beamten und in Schulen zur Disziplinierung von Lehrern Anwendung. Um den angepassten, dem Dienstherrn ergebenen Beamten zu erzeugen, lernen zukünftige Führungskräfte in den Behörden wie auch Schulleiter im Rahmen der „Menschenführung“ diese vielfältig einsetzbaren meist zum Erfolg führenden Methoden kennen. Unbequeme Beamte (gerade auch Polizeibeamte, die nicht „mitspielen“) werden schon mal gezielt in den Selbstmord getrieben. Auf diese Art wird man sie einfach und ohne Entstehung von Kosten los und die Missstände erlangen keine öffentliche Aufmerksamkeit.
Zersetzung ist keine Spezialität der DDR-Diktatur. Sicherlich wurden die Zersetzungsmethoden dort in größerem Umfang angewendet als zurzeit in der BRD.
Die Zahl der in der BRD Betroffenen lässt sich allerdings – das muss man leider sagen- in keinster Weise auch nur annähernd abschätzen. Das Wesen der Methode liegt ja gerade darin, dass man sie nicht als solche erkennen soll. Die Opfer dürfen unter keinen Umständen realisieren, was Ursache und Wirkung ist:

Buch „Magdalena“:

–    S. 164: Die politische Brisanz der Zersetzung stellt hohe Anforderungen hinsichtlich der Wahrung der Konspiration…

–    S. 173: Die zu bearbeitende Person – oder deren Kinder, füge ich hinzu- darf unter keinen Umständen feststellen oder zu der Vermutung kommen, dass bestimmte Aktivitäten vom MfS ausgehen oder durch das MfS ausgelöst sein könnten.
Ich hatte Vermutungen, von wem solche Aktivitäten ausgingen, zeitgleich gab es ja noch andere Maßnahmen, etwa wurde in konzentrierter Form realisiert… Anrufe, keiner meldete sich, tags, nachts. Bestellungen unter dem Namen des Feindes, Pornohefte, Nationalzeitung. Taxis und Notdienste rückten an, Schlüsselnotdienst, Abflussnotdienst, Abschleppdienst. Ferner Fensterputzer, Polstermöbelaufarbeiter, Abholer von Schmutzwäsche, Abholer von Autowracks. Wohnungsauflöser, Ungezieferbekämpfer…

–    S. 273: Voraussetzung zur Einleitung wirkungsvoller Maßnahmen ist die inoffizielle Dokumentierung, welche berufliche Entwicklung der jeweilige Exponent der Gruppierung zu gehen beabsichtigt… Ziel dieser operativen Maßnahmen besteht in der Verhinderung des von den Exponenten der Gruppierung angestrebten „Marsches durch die Institutionen“. Zu keinem auch nicht späteren Zeitpunkt dürfen diese Maßnahmen als Aktivitäten des MfS erkannt werden.

Einige Auszüge (aus Stasi-Akten) aus „Magdalena“ zeigen, was man unter „Zersetzungsmaßnahmen“ so alles verstehen kann:

– S. 32: Ausnutzen und Verstärken von Widersprüchen bzw. Differenzen, Zersplittern, Lähmen, Desorganisieren, Isolieren, Diskreditieren, systematisches Organisieren beruflicher Misserfolge zur Untergrabung des Selbstvertrauens, Beschäftigung mit sich selbst auslösen, Gerüchte verbreiten, gezielte Indiskretionen, anonyme Briefe…

– S. 166-169: Operative Kombinationen
… Die weitestgehende Nutzung natürlicher Umstände bedingt zugleich eine zügige Erarbeitung und Anwendung einer operativen Kombination. … So kann z. B. ein Unfall des Verdächtigen, die plötzliche Erkrankung eines Familienmitgliedes, ein bedeutsames politisches Ereignis, eine bestimmte Spannungssituation zur Grundlage genommen werden, um eine operative Kombination auszuarbeiten.
… Durch unvorhergesehene Umstände kann die Zielperson anders reagieren als das von uns erwartet wurde. Das Aufstellen von Versionen zu möglichen Reaktionen des Verdächtigen ist deshalb gründlich und gewissenhaft durchzuführen.
… Um die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Durchführung der operativen Kombination zu erhöhen, können vor ihrer Durchführung oder bereits vor der detaillierten Ausarbeitung bestimmte „Tests“ organisiert werden, um die Reaktionen … zu überprüfen… ob und unter welchen Umständen sich die verdächtige Person von ihren persönlichen Unterlagen trennt, ob sie bestimmte Gewohnheiten in ihrem Tagesablauf ändert, ob sie an bestimmten Informationen Interesse zeigt, wie sie auf berufliche Misserfolge reagiert…

– S. 183-184.: Aus politischen Gründen ist es oft nicht zweckmäßig und gesellschaftlich nützlich, auf verschiedenen Straftaten mit Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit zu reagieren… Feindlich tätige Personen … sind – zur Untätigkeit gezwungen und in Freiheit befindlich- weit weniger gefährlich als inhaftierte „Märtyrer“.

Ein Beispiel für die Zersetzung einer oppositionellen Gruppe sind die Maßnahmen gegen die DDR-Menschenrechtsgruppe Frauen für den Frieden:

– S. 263-265: … es geht um den zentralen Operativen Vorgang „Wespen“…: Im Ergebnis der weiteren Kontrolle der Gruppenarbeit durch die bereits eingeführten drei IM… Präzisierung der Personeneinschätzungen… Welche thematischen Probleme können als Begründung für eine Spaltung der Gruppe genutzt werden? Welche Anlässe, welcher Zeitpunkt erscheint dafür geeignet? Durch welchen IM soll die Auseinandersetzung und die Spaltung initiiert werden? Welcher IM soll aufgrund des Verhältnisses zu den Verdächtigen weiterhin zu deren Bearbeitung eingesetzt werden und in der Gruppe verbleiben? Welche IM sollen mit welchen Aufgabenstellungen die Tätigkeit der geplanten Gruppe organisieren? Inwieweit sollen Mitglieder der jetzigen Gruppe gezielt für die Mitwirkung in der neuen Gruppe gewonnen werden? …

IMB „Elfi“ leitete Prozess der Verunsicherung und Disziplinierung ein… IMS „Mario“ schied planmäßig aus dem Arbeitskreis aus… Er warf fehlende Bereitschaft der Verdächtigen zu tatsächlicher christlicher Friedensarbeit vor… Auftragsgemäß wandte sich IMS an loyale Arbeitskreis-Mitglieder… Vorwurf der konzeptionslosen Arbeit und Niveaulosigkeit… keine greifbaren Ergebnisse des Arbeitskreises als Vorwurf… Arbeitskreis wird in keiner Weise christlichem Friedensauftrag gerecht, sondern durch die Verdächtigen und weitere Mitglieder des Arbeitskreises werden persönliche Frustrationen zum Inhalt der Gruppe gemacht… Offensives Vorgehen des IMS innerhalb des Arbeitskreises und Herbeiführen von persönlichen Auseinandersetzungen… Es gibt persönliche Probleme (Ehescheidung)… Kampf schränkt Aktivitäten ein…

– Buch „Zersetzung der Seele“ S. 62: Folgen: Die Aktivitäten der authentischen Menschenrechts- und Friedensgruppe wurden eingeschränkt, Vertrauen wurde zerstört. Eheprobleme und eine Scheidung wurden im MfS-Sachstandsbericht unter der Rubrik „Ergebnisse“ fein säuberlich aufgeführt. Bis heute weigern sich die eingesetzten IMs, über ihre angeleitete Zersetzungstätigkeit Auskunft zu geben.


Zur Zersetzung des Feindes Robert Havemann findet man u. a. folgendes:

– S. 496: Des weiteren erfolgten Maßnahmen zur Isolierung und Verunsicherung Havemanns… mit der Zielsetzung, ihn an der Begehung feindlicher Handlungen weitestgehend und möglichst dauerhaft zu hindern, für den Gegner unglaubhaft zu machen, an der Aufrechterhaltung bestehender Kontakte und Herstellung neuer Verbindungen in das Operationsgebiet wirkungsvoll zu hindern und von seinem Umkreis weiter zu isolieren, zu zwingen, sich künftig nur noch mit sich selbst und familiären Problemen zu befassen

In dem Buch „Zersetzung der Seele“ erfährt man, dass zur Zersetzung einer Gruppierung jedes einzelne Mitglied zwecks Auffindung geeigneter Maßnahmen analysiert werden muss.

– S. 57: Als am geeignetsten sollen jene Zersetzungsmaßnahmen klassifiziert werden, die im Detail an ganz konkreten, oft sogar momentanen Situationen im feindlich negativen Personenzusammenschluss anknüpfen und geeignet sind, die Entwicklung des Ereignisses / der Situation in die von uns gewünschte Zuspitzung zu bringen. Analog dieser Anforderung müssen, bezogen auf das einzelne Mitglied des feindlich-negativen Personenzusammenschlusses, aus den Erkenntnissen seiner Persönlichkeitsstruktur die für die Zersetzungsmaßnahmen geeigneten Ansatzpunkte herausgearbeitet werden.

– S. 33: Ein anderes Beispiel: Mitarbeiter des MfS brachen, mit Nachschlüsseln ausgerüstet, in eine Wohnung ein, dort stahlen sie nur die einfarbigen Handtücher. Beim zweiten Mal stahlen sie nur die bunte Bettwäsche. Und so weiter, und so weiter. Wer mit solchen Zersetzungsmaßnahmen „bearbeitet“ wurde, war nicht nur irritiert, sondern hier begann ein Prozess der Realitätsdiffusion, der letztendlich eine Psychose auslösen konnte.

Jürgen Fuchs stellt Fragen:

– S. 57: Wer wurde depressiv, wer begann zutrinken, welche Ehe zerbrach, welches Kind begann zu stottern, wer stellte den Ausreiseantrag, rannte an Grenze und Minenfeld gar, wer verzweifelte am Freund, an den Eltern, den Kollegen? Wessen Vertrauen wurde enttäuscht durch IMs „mit Feindberührung“? Wer traute sich nach der zehnten Ablehnung nichts mehr zu, ließ die Bildungsabsicht sausen, legte das Manuskript weg? Die Möglichkeiten des Destruktiven, siehe Erich Fromm, auch des Autoaggressiven, sind ja groß…

Hat das Bundesamt für Verfassungsschutz inzwischen auch eine Abteilung „Operative Psychologie, Zersetzungsmaßnahmen“, die sich intensiv um den AK NSU kümmert?

So wurde und wird es gemacht:

(aus Buch „Zersetzung der Seele S. 24-25)

Ziel war die „Zersetzung“ oppositioneller Bestrebungen um „ein weiteres Wirksamwerden im Sinne politischer Untergrundtätigkeit zu unterbinden“. Die „Maßnahmen“, mit denen dies erreicht werden sollte, bestanden darin,

–    durch staatliche und gesellschaftliche Reaktionen auf ausgehende Aktivitäten den Personenkreis zu verunsichern
–    das öffentliche Ansehen, insbesondere des „aktiven Kerns“, zu diskreditieren
–     den „harten Kern“ in seiner Ausstrahlung und Wirksamkeit zu isolieren
–    den gesamten Personenkreis durch staatliche und gesellschaftliche Einflussnahme zu disziplinieren…
–    Voraussetzungen zu schaffen, die eine politisch-ideologische Beeinflussung mit dem Ziel der Einstellungsveränderung und Rückgewinnung ermöglichen

… Solche „wertvollen“ Ansatzpunkte für „Maßnahmen der Zersetzung“ seien z. B. gegeben, wenn

–    „charakterliche und moralische Schwächen wie Neid, Missgunst, außereheliche Beziehungen, Alkoholmissbrauch usw.“,
–    finanzielle und materielle Abhängigkeiten und Schwächen,
–    bedeutsame innere Bedingungen wie Angst oder ähnliches zu subversiven Tätigkeiten,
–    deutliche Differenzen und Widersprüche zum taktischen Vorgehen bei der Realisierung der feindlich-negativen Tätigkeit,
–    Erscheinungen, „die auf oppositionelle Haltungen und Bestrebungen zwischen dem oder den Anführern und den anderen Gruppenmitgliedern schließen lassen“ oder
–    „Hinweise auf Dekonspiration oder Schwatzhaftigkeit, Prahlsucht oder Renommiergehabe“ gegenüber Außenstehenden

vorhanden wären.


In der Anwendung der Richtlinie 1/76 des MfS hatten sich bei der Bekämpfung „feindlich-negativer Gruppen“ laut Wagner folgende Maßnahmen bewährt:
www.bstu.bund.de/DE/Wissen/MfS-Dokumente/Downloads/Grundsatzdokumente/richtlinie-1-76_ov.pdf?__blob=publicationFile

Bewährte anzuwendende Formen der Zersetzung sind:

− systematische Diskreditierung des öffentlichen Rufes, des Ansehens und des Prestiges auf der Grundlage miteinander verbundener wahrer, überprüfbarer und diskreditierender sowie unwahrer, glaubhafter, nicht widerlegbarer und damit ebenfalls diskreditierender Angaben;

− systematische Organisierung beruflicher und gesellschaftlicher Misserfolge zur Untergrabung des Selbstvertrauens einzelner Personen;

− zielstrebige Untergrabung von Überzeugungen im Zusammenhang mit bestimmten Idealen, Vorbildern usw. und die Erzeugung von Zweifeln an der persönlichen Perspektive;

− Erzeugen von Misstrauen und gegenseitigen Verdächtigungen innerhalb von Gruppen, Gruppierungen und Organisationen;

− Erzeugen bzw. Ausnutzen und Verstärken von Rivalitäten innerhalb von Gruppen, Gruppierungen und Organisationen durch zielgerichtete Ausnutzung persönlicher Schwächen einzelner Mitglieder;

− Beschäftigung von Gruppen, Gruppierungen und Organisationen mit ihren internen Problemen mit dem Ziel der Einschränkung ihrer feindlich-negativen Handlungen;

− örtliches und zeitliches Unterbinden bzw. Einschränken der gegenseitigen Beziehungen der Mitglieder einer Gruppe, Gruppierung oder Organisation auf der Grundlage geltender gesetzlicher Bestimmungen, z. B. durch Arbeitsplatzbindungen, Zuweisung örtlich entfernt liegender Arbeitsplätze usw.

Bei der Durchführung von Zersetzungsmaßnahmen sind vorrangig zuverlässige, bewährte, für die Lösung dieser Aufgaben geeignete IM einzusetzen.

Bewährte Mittel und Methoden der Zersetzung sind:
− das Heranführen bzw. der Einsatz von IM, legendiert als Kuriere der Zentrale,
Vertrauenspersonen des Leiters der Gruppe, übergeordnete Personen, Beauftragte von zuständigen Stellen aus dem Operationsgebiet, andere Verbindungspersonen usw.;

− die Verwendung anonymer oder pseudonymer Briefe, Telegramme, Telefonanrufe usw., kompromittierender Fotos, z. B. von stattgefundenen oder vorgetäuschten Begegnungen;

− die gezielte Verbreitung von Gerüchten über bestimmte Personen einer Gruppe, Gruppierung oder Organisation; − gezielte Indiskretionen bzw. das Vortäuschen einer Dekonspiration von Abwehrmaßnahmen des MfS; − die Vorladung von Personen zu staatlichen Dienststellen oder gesellschaftlichen Organisationen mit glaubhafter oder unglaubhafter Begründung.

Diese Mittel und Methoden sind entsprechend den konkreten Bedingungen des jeweiligen Operativen Vorganges schöpferisch und differenziert anzuwenden, auszubauen und weiterzuentwickeln.

Aus Buch „Zersetzung der Seele“ S. 26:

Die Reaktionen, die man auf diese Weise auszulösen hoffte, und die von Wagner gleichfalls aufgelistet wurden, entsprachen den gewünschten emotionalen Auswirkungen, die oben bereits angeführt worden sind:

–    Fragen und Überlegungen, „warum nicht alle Mitglieder mit strafrechtlichen Sanktionen belegt wurden“,
–    Unsicherheit darüber, „welche Kenntnisse das Sicherheitsorgan besitzt und welche Person was offenbart hat“,
–    gegenseitige Verdächtigungen und Beschuldigungen
–    Furcht einzelner Mitglieder vor strafrechtlichen Sanktionen und „Zweifel an der Richtigkeit und Zweckmäßigkeit … politischer Untergrundtätigkeit.“

… Zu den Zersetzungsmaßnahmen gehören nicht zuletzt gezielte Übersiedlungen in die BRD und nach Westberlin, wie sie auch im Rahmen des OV „Inspirator“ durchgesetzt wurden.

Die Ziele dieser Methode bestanden in

–    „der Auslösung eines Prozesses der Verwirrung, von gegenseitigen Verdächtigungen und Zwietracht,
–    der Dezimierung des Personenkreises insbesondere aus dem harten Kern,
–    der Verhinderung der Herausbildung einer sogenannten Führungsperson,
–    der Verhinderung einer Formierung und Festigung der Organisationsstruktur.“

Wir sollten uns fragen:

Wer plante die Spaltung der Pegida-Bewegung?
Wer fördert die Spaltung der Alternative für Deutschland?
Wurde die Piratenpartei von außen oder von innen heraus gespalten? Letzteres kann natürlich auch passieren.

Eine mögliche Einflussnahme von Regierung und Sicherheitsbehörden kann man zwar oft intuitiv erahnen und spüren, aber selten belegen.

„Wer seinen Gegner (und dessen Vorgehensweise) kennt, der weiß, was er vorhat.“

Leider heißt das nicht, dass man die Angriffe dann verhindern kann. Sie als solche zu erkennen ist aber der erste Schritt, erfolgreiche Gegenmaßnahmen zu ergreifen…

http://julius-hensel.com/2015/05/das-phantom-der-totmacher/