NSU-Quickie: Ferndiagnose zum Ferndiagnostiker Saß

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Den Methodenerfinder Henning Saß, der aus seinem möglicherweise unverdienten Ruhestand von Götzl vor’s hohe Staatsschutzgericht zitiert wurde, um den Staat zu schützen, indem er Zschäpes Regung auf jeden Luftzug im Hochsicherheitssaal genauestens beobachtet und auf Hinweise zu 10 Morden, 2 Sprengstoffanschlägen, 27 Banküberfällen, 2 Stricklieseln und einer Katze findet, diese saubere Herr war wahrscheinlich nichts weiter als ein Scharlatan, Blender oder sogar Hochstapler, lege ich die Anleitung für psychiatrische und psychologische Ferndiagnostik von Herrn Prof. Dr. Wolfgang Meins zugrunde.

Ferndiagnosen, also die diagnostische Festlegung ohne persönliche Untersuchung und Befragung der betreffenden Person, haben mit dem Erscheinen von Donald Trump auf der politischen Bühne einen regelrechten Boom erlebt.

Nicht ganz. Der Saß hat das bereits vor Jahren und aus 5 Metern Entfernung gemacht und war auch meilenweit von einer korrekten Beschreibung der Sachverhalte entfernt. Zu seinem Schutze muß allerdings in die Debatte geschleudert werden, daß das gar nicht sein Job war. An einem Staatsschutzsenat ist der Job der vom Staat bestellten Mitmenschen der Staatsschutz. Mehr nicht. Es ist völlig Weißwurscht, ob man quacksalbert oder beweishalluziniert. Alles, was den Staat, schützt ist richtig und damit im Sinne der Anklage.

Besonderen Anklang und Nachhall in Fachwelt und Medien fand die Diagnose einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Gemeint ist damit eine Person, die nach gängiger psychiatrischer Lehre gekennzeichnet ist durch ein über die Zeit stabiles inneres Erleben und Verhalten von Großartigkeit in Verbindung mit einem besonderen Bedürfnis nach Bewunderung – bei gleichzeitigem Mangel an Empathie. Das erscheint im Falle Trump sicherlich nicht von vornherein abwegig, aber darum soll es im Folgenden gar nicht gehen. Denn die Stimmigkeit dieser Diagnose interessiert hier nicht.

Vielmehr geht es zuvorderst um die Ferndiagnose als solche und ihre Probleme.

Eben. Die Stimmigkeit einer Ferndiagnose, ob aus 5 Metern oder 5.000 Kilometern ist völlig uninteressant, so das Ergebnis für die Verurteilung behilflich ist.

Man lese sich bei Meins jenen Abschnitt über die Gegebenheiten in den USA durch, der das Verbot der Ferndiagnose bezüglich Personen des öffentlichen Lebens betrifft. Deutsche Richter außerhalb von Staatsschutzsenaten täten gut daran, das in ihren Prozessen zu berücksichtigen. In einem Staatsschutzprozeß ist natürlich alles erlaubt, auch ein Saß.

Man lese sich durch, was Meins zur Ferndiagnose einer Kollegin schreibt, die es bezüglich Trump leicht fand, sich zum Bekloppten Rathjen öffentlich nicht äußerte und zu Biden die Omerta geschoren hat. Er stellt der Dame ein Armutszeugnis aus. Frauen eben. Ist ja nicht anders wie beim Chef der Jenaer Rechtsmedizin, Prof. Mall, die auch öffentlich Grütze redete.

Und jetzt erst kommt Meins zum Thema.

Die Psychiatrie kennt keinesfalls nur Ferndiagnosen von Prominenten. Vielmehr kommen die meisten auf ganz anderen Wegen zustande. Zu nennen wäre in diesem Zusammenhang der im Gerichtssaal sitzende Sachverständige, der den Prozess und vor allem den psychisch gestörten Angeklagten, der nicht selten jede Kooperation, also jedes Vier-Augen-Gespräch mit ihm ablehnt, mit dem Ziel beobachtet, ob hier die Voraussetzungen für eine Schuldunfähigkeit vorliegen. …

Grundsätzlich – so meine Auffassung – sollten psychiatrische Ferndiagnosen sehr zurückhaltend eingesetzt werden.

Ratschläge sind letztlich auch nur Schläge. Hier gar mächtige auf den Hinterkopf von Götzl und Saß. Sie haben es sich beide redlich verdient.

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