Der 4.11.2011 in Eisenach – Versuch einer Rekonstruktion, Teil 1

Ein Beitrag weder von fatalist noch von anmerkung, jedoch vom AK NSU

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Der 4.11.2011 in Eisenach – Versuch einer Rekonstruktion

Der 4. November 2011 war ein sehr ereignisreicher Tag in Eisenach: Ein Banküberfall ereignet sich, ein Wohnmobil brennt, zwei Tote werden gefunden und ganz nebenbei durch die Ereignisse mehrere bislang nicht in einen Zusammenhang gebrachte Verbrechensserien gelöst.

Viel ist bislang schon über diesen Tag geschrieben worden, diese Artikelserie versucht zunächst ohne Spekulationen über das „Wie“ und „Warum“ anhand der Akten und anhand von Protokollen der Untersuchungsausschüsse den Tag minutengenau zu rekonstruieren. Jeder Teil wird anschließend bewertet.

Teil 1:

  1. Die Zeit vor dem Banküberfall auf die Sparkassenfiliale (09:15)

Laut Akten wird gegen 05:00 erstmals ein Wohnmobil in Stregda „Am Schafrain“ gesichtet. Ein Herr Hösel ist sich sicher, auch um 08:00 das Wohnmobil an der Ecke der Straßen „Auf der Leite“ und „Am Schafrain“ gesehen zu haben.

 

Um 08:15 sichtet der LKW-Fahrer Breuning ein Wohnmobil, das auf dem Schotterparkplatz (Ungefähre Adresse „Am Stadtweg 4“) bei Obi steht, davor stehend zwei Personen, eine davon rauchend und mit schulterlangen Haaren. Auf diesem Schotterparkplatz sieht auch ein Herr Jungk gegen 09:00 ein Wohnmobil mit einem Fahrzeugkennzeichen aus dem Vogtland.

Um 09:15 wird wiederum „Am Schaffrain“ ein Wohnmobil vom dortigen Ortsteilbürgermeister Nennstiel gesehen.

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  1. Rund um den Banküberfall

Um 09:15 wird die Sparkassenfiliale „Am Nordplatz“ von 2 maskierten Bankräubern überfallen. Um 09:19 erfolgt die Alarmierung der Polizei. Um 09:25 wird Polizist Lotz vom Leiter der Eisenacher Kriminalpolizeiinspektion Mayer über den Überfall unterrichtet und fährt mit den Polizisten Braun, Hilger und Kümpel sofort zum Einsatzort. Um 09:26 wird wegen des Banküberfalls auch der Notarzt alarmiert, der um 09:38 an der Sparkasse eintrifft und den Ort bereits um 09:56 wieder verlässt.

Um 09:30 sichtet Rentner Stutzke am Schotterparkplatz bei Obi das Verladen von Fahrrädern in ein Wohnmobil. Um 09:50 wird das Wohnmobil von LKW-Fahrer Breuning erneut auf dem Schotterplatz bei Obi gesehen.

Um 09:58 weist die Leiterin des Kommissariats 6 der KPI Gotha die Beamten des Kriminaldauerdienstes Breitbart, Jahn und Keybe an, zum Tatort an der Sparkasse zu fahren.

Um 10:00 wird der LKW-Fahrer Breuning am Betonmischwerk von Polizisten erwartet und vernommen. Er berichtet von seiner Wohnmobilsichtung ca. 10 Minuten vorher. Ebenfalls um 10:00 wird das Wohnmobil auf seinem Standplatz in Stregda von einer Anwohnerin gesehen.

Zeitgleich um 10:00 wird im St. Georg. Klinikum Eisenach eine erste Sektion durch Prof. Mall und Dr. Heidterstädt begonnen, die um 11:30 beendet sein wird.

In einer Vernehmung des Menzel wird davon gesprochen, dass das Wohnmobil sich um 10:02 auf dem Schotterparkplatz bei OBI befunden habe.

Um 10:08 bekommt die Hubschrauberstaffel in Erfurt von der Polizei in Eisenach die Information, dass 2 Täter nach einem Banküberfall mit einem weißen Wohnmobil mit V-Kennzeichen flüchtig sind. Um 10:17 startet der Hubschrauber mit dem Auftrag, flüchtige Täter auf der Autobahn A 4 Richtung Osten aufzuspüren. Gegen 11:37 wird der Hubschrauber wieder in Erfurt landen.

10:10 wird das Wohnmobil vom Anwohner Hösel „Am Schaffrain“ gesehen.

Um 10:20 findet ein Telefonat zwischen KOK Wötzel (Polizei Gotha) und Lotz (Polizei Eisenach) statt, Gemeinsamkeiten der Banküberfälle Arnstadt und Eisenach werden besprochen. Gegen 10:29 erfolgt von Wötzel die Warnung, dass die Täter, falls diese die gleichen wie in Arnstadt seien, mit echten Schusswaffen bewaffnet seien.

Um 10:30 wird aus Gotha das Ausrücken der Beamtin Haberecht mit einem Fährtenspürhund dokumentiert, der um 11:30 im Tresorraum der Sparkasse „angesetzt“ wird.

Um 10:45 wird die Ringfahndung aufgehoben.

Manfred Niebergall, ein Zeuge des Banküberfalls wird um 10:48 angerufen und im Anschluss bis mindestens 11:50 durch die Beamten Möckel und Bausewein befragt.

Um 10:55 sind dir Polizeibeamten Bausewein und Wagner an der Sparkasse frei, gegen 11:00 beginnen die beiden damit, Kennzeichen von im Umkreis der Sparkasse abgestellten Fahrzeugen aufzunehmen.

Es ist 11:15 als die drei Beamten Keybe, Jahn und Breitbart mit dem Einsatzleiter Lotz Kontakt aufnehmen. Um 11:45 vernimmt dann Jahn den LKW-Fahrer Breuning.

Möckel und Bausewein werden während der Vernehmung des Zeugen Niebergall einen Anruf, sich nach Stregda zu einem dort entdeckten Wohnmobil zu begeben. Da die Vernehmung noch nicht beendet ist, können sie den Auftrag nicht ausführen.

Daraufhin werden um 11:51 die Beamten Mayer und Seeland am Einkaufszentrum Hötzelsroda bekommen den Auftrag, sich nach Stregda zu begeben.

Bewertung:

Die Sichtungen der Wohnmobile scheinen sich zu widersprechen. Ein Wohnmobil kann nicht gleichzeitig am Schotterparkplatz in der Nähe des OBI-Baumarkt und „Am Schafrain“ stehen – allerdings trennen diese beiden Orte nur 4 Minuten Fahrzeit (ca. 1,4 km). Mit Einrechnen einiger zeitlichen Ungenauigkeiten könnten aber durchaus alle Wohnmobilsichtungen möglich sein. Problemlos würden sich alle Sichtungen jedoch erklären, wenn es sich um 2 Wohnmobile gehandelt hätte. Eines, das seit mindestens 05:00 „Am Schafrain“ geparkt war, ein weiteres, das in der Zeit von ca. 08:15 bis ca. 10:50 auf dem Schotterparkplatz südlich des Komplexes OBI/Lidl/Mediamarkt abgestellt war (Abbildung © Google maps).

Ungeklärt bleibt auch, wie gegen 11:50/11:51 die Beamten Möckel und Bausewein bzw. Mayer und Seeland zielgenau in das Wohngebiet in Stregda geschickt werden konnten.

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4 comments

  1. Also ich persönlich gehe ja von 2 Wohnmobilen aus, dass macht die Sache irgendwie schlüssiger und einfacher, ansonsten hätte die Tat an den Uwes ja erst nach 09:30 stattgefunden. Eins wurde für den Überfall genutzt , eins für den Rest. Interessant ist, dass der Zeuge Sven B. an diesem Tag ja gleich mehrfach befragt wurde und die Beobachtungszeit in den Jahren immer weiter nach hinten verschoben wurde.
    Da er die Strecke ja jeden Tag fuhr, sagte er 2011 aus: Beobachtung des Womo mit langhaariger Person ca. 08:00 +- 15 Minuten. Daraus wurden dann zum Schluss im Untersuchungsauschuss 08:45-09:00, also näher am Bankraub.
    Wie die beiden Beamten zielgenau nach Stregda geschickt werden konnten?
    Na weil doch 5 Minuten vorher schon Beamte am Womo vorbeifuhren, die laut Herrn Menzel aber gar keins gesehen hätten.(lächerlich) Deshalb war ja auch schon das gesamte Kennzeichen „bekannt“. Vielleicht sollten die auch nur gucken ob die „Luft rein“ ist für die Fernzündung. Da bin ich ganz bei Schorlau, da die Gastheorie, nach meiner meiner Meinung, als einziges schlüssig ist. Haupthahn war offen, einzelne Platten waren offen, also wurde das Fahrzeug gegen 09:30 und 10:00 abgestellt, eine Kochstelle wurde beschwert, damit das Gas austritt und nach ca. 2 Stunden sollte das Gas-Luftgemisch zünden, was ja dann nur suboptimal geklappt hat.Hätte man alles bequem von einem Fahrzeug in Sichtweite zum Womo aus machen können.
    Was denn Herrn Egon S. betrifft, habe ich eine andere Meinung wie der Admin.
    Dieser glaubt ja, der hätte gar nix gesehen, weil er ja noch bei der Sportschau saß. Kann natürlich sein!
    Man sollte aber Rentner nie unterschätzen! Vielleicht passte halt das Kennzeichen hinter dem V- nicht zu dem anderen V-MK- Kennzeichen.
    Man kann ja auch Geld für`s nicht erinnern bekommen, aber das ist nur so eine graue Theorie.
    Noch eine Frage, falls es gestattet ist, an den Artikel-Schreiber. Die Aussage:
    „Um 09:50 wird das Wohnmobil von LKW-Fahrer Breuning erneut auf dem Schotterplatz bei Obi gesehen.“
    Wo steht das? Habe ich so noch nicht gelesen. Habe ich das übersehen!?

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