NSU-Quickie: Gekaspertes

„Ich habe Angst. Beginnt eine Gesellschaft ihre Kasper zu köpfen, dann wissen wir, den Herrschenden liegen die Nerven blank.“

Uwe Steimle

Der Kasper hat letztes Jahr ein Buch veröffentlicht, in dem er vom Hundertsten zum Tausendsten kommend u.a. auch die Erscheinung NSU bespricht. Als geköpfter Kasper darf er das.

Dunkeldeutschland? Am Ende kommt noch heraus, dass die Menschen aus der ehemaligen BRD gar keine besseren Menschen waren bis 1989?

Seit diesem Zeitpunkt wurde übrigens auch kein BND-Agent mehr enttarnt, auch kein ehrenamtlicher oder ehemaliger. So etwas heißt jetzt womöglich NSU – und es würde mich nicht wundern, wenn der Staat selbst auf der Anklagebank sitzt, sich selbst vorführt, indem er Gericht über sich hält. Die Tatwaffe kann auch nicht zweifelsfrei zugewiesen werden. Eine Waffe, die Ermittlungsbehörden erst zwei Wochen nach dem Brand des Hauses in Zwickau gefunden haben wollen. Die Polizei übersah zwei Wochen lang eine Waffe in einem völlig abgebrannten Haus. Und keiner fragt nach. So ungefähr muss das Wort Schmauchspur entstanden sein.

Kurz vor dem Zugriff, also nach der Enttarnung des Naziwohnwagens, war nicht nur der Sicherheitsapparat der BRD anwesend und wartete artig, bis sich (wieder grüßen die Schmauchspuren), Uwe 1 und Uwe 2 in Luft auflösten, nein, zum wartenden Geheimdienstpersonal gesellte sich auch noch ein Sicherheitsexperte der CIA. Ein Agent? Stand der unsichtbare Mann, der unsichtbare Brite … äh Dritte, stand er Schmiere, Pate oder kam er nur zufällig vorbei?

Würde ich an Verschwörungstheorien glauben, käme ich leicht darauf, dass sich NSA und NSU ähnlich sähen … in ihrer Schreibweise. Wir alle aber wissen, es gibt keine Verschwörungstheorien.

Wem nützt es?

Die langen Fransen an den Schuhen der Indianer verwischen die Spuren in dem Moment, in dem sie entstehen.

»Operation Mokassin«, so wird ein Schuh draus …

Es war zwar nur eine Woche zwischen Brandsanierung vom Safe House und der karnevalistischen Pressekonferenz von Range und Ziercke. Das mit den Geheimagenten hat ihm der Ramelow erzählt. Oder Moser. Darüber hinaus ist es eine sehr stimmige Zusammenfassung, die so knapp nicht mal der AK NSU auf die Reihe bekommen hat.

Das Beste an der Kasperei ist jedoch die knackige Beschreibung der Rolle vom damaligen PD Menzel. Als Oberindianer für den Polizeibezirk Gotha und Umland war seine Aufgabe, alle Spuren, die zur Polizei selber führen, sofort zu verwischen.

Auch dass Menzel in Stregda augenscheinlich von Anfang an darauf setzte, dass keine systematischem kriminaltechnischen Untersuchungen im Wohnmobil am Auffindeort vorgenommen werden sollten, sondern den Camper so rasch als möglich abtransportieren zu lassen[27], und das schließlich entgegen üblicher Polizeipraxis anordnete, ohne zuvor die Leichen bergen zu lassen, erklärt sich ebenfalls, wenn es darum ging, möglichst auf Zeit zu spielen, um das Ausmaß der bereits eingetretenen Totenstarre zu kaschieren.

Aus eben diesem Grunde dürfte Menzel in Stregda auch die sogenannte Tatortgruppe, also das für die unmittelbare Spurensicherung zuständige Polizeiteam, daran gehindert haben, die kriminaltechnische Regelroutine unmittelbar am Auffindeort des Campers abzuarbeiten …

Aufgrund all dieser Sachverhalte scheint die Hypothese, dass Menzel im Zusammenhang mit dem Tatort Eisenach-Stregda einen bestimmten Auftrag hatte, zumindest nicht an den Haaren herbeigezogen. Der Thüringer NSU-Ausschussvorsitzenden Dorothea Marx schwant offenbar Ähnliches, denn sie erklärte auf einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Erfurt am 03.11.2016 zum Thema „Fünf Jahre NSU – Aufklärung unerwünscht?“, dass Menzel „möglicherweise doch von höherer Stelle gesagt bekommen hat: Schaff‘ das Ding dort mal weg. Das könnte […] sehr schlüssig sein […].“

Well done, Herr Menzel. Die Sterne auf den Schulterstücken leuchten dermaßen hell, daß sie alle blenden. Immer noch. Nur Kasper nicht.

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Quelle: Uwe Steimle, Wir sind nicht nachtragend, Faber & Faber 2020, S. 129f

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