Der Zweite, der unbekannte Schauprozess, von dem man fast nie etwas liest

Nur eine Randnotiz, aber trotzdem interessant:

http://die-anmerkung.blogspot.com/2014/11/nsu-auer-rand-und-band.html

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(NSU?) außer Rand und Band

Udo Vetter, bloggender Rechtsanwalt, hat uns ein nettes Rätsel für das Wochenende überlassen. Er schildert vom Hörensagen die Erlebnisse eines Kollegen, der einen ausrastenden Staatsanwalt erleben mußte. Die Rede geht von einem politisch geprägten Großverfahren, das mittlerweile 180 Verhandlungstage auf die Bühne gebracht hat, in dem Vetter mit einem Kollegen zusammen ein Mandat wahrnimmt. Diesmal war der Kollege dran.
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Kürzlich noch in Haft, jetzt als Redner auf der Straße: Sven Skoda am 15. März 2014 in Koblenz

Kürzlich noch in Haft, jetzt als Redner auf der Straße: Sven Skoda am 15. März 2014 in Koblenz

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RA Vetter weiter:
Unser Mandant soll hier eine Formulierung genutzt haben, in der das Wort “Schauprozess” oder was in diese Richtung vorkam. Für den Staatsanwalt Anlass, den Justiz-Rambo raushängen zu lassen.

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Es gibt keine Berichterstattung über diesen „Schauprozess“, trotz 26 Angeklagter, weit über 100 Verhandlungstagen, langer U-Haft bis zu 2 Jahren wegen Bildung einer neonazistischen kriminellen Vereinigung ?

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Einen Schauprozess ohne Publikum, kann es das geben, und ohne Berichterstattung ist das doch wohl eher ein Geheimprozess?

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Der Verteidiger von Sven Skoda schreibt:

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Es war, so schildert es mein Kollege, eine dieser Zeugenvernehmungen, bei der sich Fragen an der Unvoreingenommenheit des Gerichts stellten. Ob nun letztlich begründet oder nicht, jedenfalls regte sich gegen die Art der Befragung lautstarker Protest bei den Anwälten und Angeklagten. Unser Mandant soll hier eine Formulierung genutzt haben, in der das Wort “Schauprozess” oder was in diese Richtung vorkam. Für den Staatsanwalt Anlass, den Justiz-Rambo raushängen zu lassen.

Er forderte für die Äußerung tatsächlich Ordnungshaft wegen “Ungebühr”. Und zwar gleich mal volle fünf Tage (die gesetzliche Höchstgrenze liegt bei sieben Tagen, und Ordnungsgelder gibt es als milderes Mittel ja auch).

http://www.lawblog.de/index.php/archives/2014/11/27/ausser-rand-und-band/

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Ausrastender Staatsanwalt, da hat @anmerkung natürlich sofort an Jochen W. vom NSU-Stadl gedacht 😉

Zu diesem grossen Prozess existiert ein Blog: http://prozesskoblenz.wordpress.com/2014/11/27/153-prozesstag-gegen-das-aktionsburo-mittelrhein/

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Warum sind diese 26 „Nazis“ für die Medien uninteressant, aber der NSU-Prozess ist für sie so enorm wichtig, obwohl sie nur nach der Pfeife der Anklage tanzen und agieren? 

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Gibt es da Absprachen, über welchen Neonazi-Prozess die Medien täglich berichten müssen, und welchen Neonazi-Prozess sie gefälligst inhaltlich komplett zu ignorieren haben?

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http://de.wikipedia.org/wiki/Aktionsb%C3%BCro_Mittelrhein

Am 20. August 2012 wurde vor dem Landgericht Koblenz Anklage gegen insgesamt 26 Personen aus dem Umfeld des Aktionsbüros Mittelrhein erhoben. Ihnen wird vorgeworfen eine Revolution und die Errichtung eines Staates nach nationalsozialistischem Vorbild angestrebt zu haben.[3] Des Weiteren wird 15 von ihnen vorgeworfen, im Vorfeld des Neonaziaufmarsches in Dresden 2011 an den Übergriffen auf das alternative Wohnprojekt Praxis in Löbtau beteiligt gewesen zu sein. Auch dort sollen Aktivisten des Aktionsbüros Mittelrhein zur Gegendemonstration Anreisende attackiert haben. Des Weiteren wirft ihnen die Staatsanwaltschaft vor, politische Gegnerinnen und Gegner attackiert und verletzt zu haben.[4] Auch sei kinderpornografisches Material bei einigen der Angeklagten sichergestellt worden.[2] Diese Behauptung hat sich allerdings nicht bestätigt und wurde auch nicht in die 926-Seiten umfassende Anklageschrift aufgenommen.

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Na das ist doch mal ein volles Programm. Mehr Seiten als die NSU-Anklageschrift. Wo ist die aktuelle Berichterstattung dazu?

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14.11.2011

Koblenzer Neonazi-Prozess schleppt sich dahin

Das schier endlose Verfahren gegen eine Reihe mutmaßlicher Neonazis in Koblenz hat schon viele kleine Geschichten geschrieben. Ein Ende ist nach mehr als 27 Monaten noch immer nicht in Sicht.

http://www.welt.de/regionales/rheinland-pfalz-saarland/article134321731/Koblenzer-Neonazi-Prozess-schleppt-sich-dahin.html

„Wir reden hier nicht über Terroristen, die das Staatsgefüge bedrohen“

Nach Meinung von Anwalt Udo Vetter aus Düsseldorf, der einen der Hauptangeklagten vertritt, wurde das Verfahren schlicht „zu hoch aufgehängt“. Die Vorwürfe passten nicht zum Ausmaß des Ganzen. Natürlich seien die Angeklagten nicht alle brave Kerle, doch sie seien auch keine Leute vom Schlag der RAF oder des NSU. „Wir reden hier nicht über Terroristen, die das Staatsgefüge bedrohen.“

Hmmm…

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der SWR hat fast dasselbe:

http://www.swr.de/swr1/bw/nachrichten/mammutprozess-in-koblenz-mutmassliche-neonazis-in-dauerschleife/-/id=1000258/nid=1000258/did=14528920/wsrf9j/index.html

Neonazi-Prozess schleppt sich dahin

Der Mammutprozess gegen mutmaßliche Neonazis des „Aktionsbüros Mittelrhein“ läuft bereits seit 27 Monaten. Erste Urteile sind vor einem Jahr gefallen – ein Ende ist nicht in Sicht.

Blick in den Saal des Koblenzer Landgerichts, wo unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen am 20.08.2012 der Prozess gegen 26 mutmaßliche Neonazis begonnen hatte.

Never-Ending-Story für alle Prozess-Beteiligten (Archivbild)

Zwei Männer bekamen damals Jugendstrafen von einem Jahr und neun Monaten sowie anderthalb Jahren auf Bewährung – wegen Landfriedensbruchs, Sachbeschädigung und gefährlicher Körperverletzung.

Zwei weitere wurden der Sachbeschädigung und des Landfriedensbruchs für schuldig gesprochen, auf Bewährungsstrafen wurde verzichtet. In Untersuchungshaft sitzt keiner der Angeklagten mehr, ein Verteidiger ist mittlerweile gestorben.

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Klingt nicht wirklich überzeugend, 2 Verurteilungen, und nicht mal Bewährungsstrafe? Sind da etwa Südländer darunter? Oder Jenaer Pfarrer, die gerne mal Stunk machen in Dresden?

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-11/lothar-koenig-prozess-staatsanwaltschaft-dresden-eingestellt

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Lothar König auf der Anti-Nazi-Demonstration "Mit Mut, Respekt und Toleranz. Dresden bekennt Farbe" im Februar 2012

Lothar König auf der Anti-Nazi-Demonstration „Mit Mut, Respekt und Toleranz. Dresden bekennt Farbe“ im Februar 2012  |  © Arno Burgi /dpa

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Äusserst dünne ist das Ganze bei der DPA: http://www.focus.de/regional/koblenz/prozesse-koblenzer-neonazi-prozess-schleppt-sich-dahin_id_4270359.html

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Auf die Antifa ist Verlass: 

http://www.infobuero.org/2014/05/mit-%C2%A7-129-stgb-gegen-neonazistrukturen-anklage-gegen-das-aktionsbuero-mittelrhein/

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Den 7. Januar 2014 werden einige Neonazis in positiver Erinnerung behalten: An dem Tag schlossen sich die Tore der JVA Koblenz vorerst zum letzten Mal hinter ihnen. Damit wurden nach knapp 22 Monaten die letzten sieben Angeklagten des Verfahrens gegen das „Aktionsbüro Mittelrhein“ (ABMR) aus der Untersuchungshaft entlassen.

Zwischenfazit zu einem der größten Prozesse gegen Neonazis der letzten Jahrzehnte

Die Staatsschutzkammer des Landgerichts Koblenz musste die Angeklagten, darunter den Neonazi-Funktionär Sven Skoda, den früheren NPD-Kreisvorsitzenden Sven Lobeck und den Neonazi-Aktivisten Christian H., ziehen lassen, da eine längere Untersuchungshaft unverhältnismäßig zu der zu erwartenden Strafe sei. Damit ist die Strategie der Verteidigung in einem wichtigen Punkt aufgegangen: Auf der einen Seite werden fast pausenlos die Angeklagten thematisiert, die unter dem „unnötig langen“ Prozess leiden würden, auf der anderen Seite wird das Gericht mit einer Flut von Anträgen überschwemmt, die den Prozess in die Länge ziehen sollen. Die Absicht ist klar: Der Prozess soll platzen, ohne dass es zu einem Urteil kommt.

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Als Tino Brandt den NSU-Prozess als Schauprozess bezeichnete, da hat die gesamte Presseriege sich echauffiert:

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“SCHAUPROZESS IN MÜNCHEN!” DIE GELEITWORTE VON TINO BRANDT

24.9.2014, DIE WELT:

http://sicherungsblog.wordpress.com/2014/09/25/schauprozess-in-munchen-die-geleitworte-von-tino-brandt/

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Als am 27.11.2014 derselbe Begriff im Akionsbüro-Prozess fiel, da erscheinen ganz genau NULL Artikel dazu. Schon sehr merkwürdig.

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Wer gibt den Leitmedien vor, über was sie zu berichten haben, täglich? Und über was nicht?

3 comments

  1. Weil die Anklage auch „Übergriffe auf das alternative Wohnprojekt Praxis in Löbtau“ halluziniert, würde ich gern auf meinen alten Senf zum Thema 19. Februar 2011 verlinken

    http://www.politplatschquatsch.com/2012/05/spiegel-rekorde-frei-erfunden.html

    http://www.politplatschquatsch.com/2014/06/statistik-uber-rechte-straftaten-abstrus.html?m=0

    Aufmerksamen Lesern wird auffallen, dass meine genannten Zahlen in Bezug auf die eingesetzten und verletzten Polizeibeamten nicht zusammenpassen. Das liegt daran, dass die Medienberichte schwanken. Belastbar sind die Zahlenangaben des zweiten Posts (6.600 Polizisten im Einsatz, 80 davon verletzt).

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