Transkription Interview des männl. Korrespondenten (M) mit der weibl. Studiomoderatorin (F) Anmerkung meinerseits: diese Formulierungskünste im Radio anzuwenden zeugt von großem Mut der Sprecher. (kurze Einspielung Applaus-Geräusch) F: Ja, Applaus für unseren Dauerkorrespondenten Michel, der immer nach Stuttgart fährt, zu dem NSU-Untersuchungs- ausschuß, dem parlamentarischen von Baden-Württemberg. Um was ging es denn gestern? M: Gestern war wahrscheinlich die letzte öffentliche Sitzung, die 37. Sitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses in dieser Legislaturperiode, und es war eigentlich zwar eine sehr lange Sitzung, aber man kann sagen eine relativ ja man könnte beinahe sagen, außer Spesen nichts gewesen, auf Deutsch gesprochen. Denn es wurde auf der einen Seite den ehemaligen ermittelnden Staatsanwalt der schon mal durch einen relativ arroganten und medienöffentlich sehr zerrissenen Auftritt äh im parlamentarischen Untersuchungsausschuß die Gelegenheit geboten, dies nochmal ein bißchen auszubügeln, und das ging über 2 Stunden dank ein sehr länglicher Vortrag von ihm in dem er ausführlich begründete seine Divergenz zum Landeskriminalamt weshalb er ein mit Hilfe der Erinnerungen von dem Opfer oder dem Polizeibeamten der mit dem Leben davongekommen ist Martin Arnold deshalb wird dessen Erinnerung oder dessen wie er es bezeichnet dessen vermeintliches Phantombild äh nicht veröffentlicht hat und diese Rechtfertigung wie gesacht gelang sehr lange es hat ja auch ne Kette gegeben wo er sich Rückendeckung geholt hat damals im Jahre 2010 vom Generalstaatsanwalt im Lande Baden-Württemberg. F: Was für eine Kette meinst Du? M: Also Kette der Verantwortung also das heißt es gibt da noch ne Leitung der Staatsanwaltschaft in Heilbronn und dann noch den Generalstaatsanwalt um sich Rückendeckung zu holen für seine Entscheidung gegen das Landeskriminalamt dieses Phantombild nicht zu publizieren. Das ging 2 1/2 Stunden lang und für viele der Obleute war das sehr beruhigend daß er da nochmal ein bißchen die Kurve gefunden hatte wobei es offen blieb weshalb nun dieser Staatsanwalt der von sich selbst sagt er konnte nicht jede Phase der Ermittlungen insbesondere im Angesicht der personellen Ausstattung der Staatsanwaltschaft Heilbronn genau kontrollieren von den verschiedenen 3 Sonderkommissionen und deshalb blieb es aber offen weshalb er sich denn ein 4-5-stündiges Gespräch mit Martin Arnold im Jahr 2010 wo seine Entscheidung schon festgestanden hat dieses Phantombild nicht zu veröffentlichen doch noch geführt hat und Martin Arnold ihm dann auch noch mal am Ende dieser 5 Stunden nochmal vergewissert hatte daß er das nach seiner Erinnerung ein adäquates Phantombild gewesen sei. Sei es wie es sei. F: Ähm wart mal kurz also das Phantombild zeigt ja jemanden außerhalb außerhalb des NSU-Mördertrios M: Ja, es gibt da ääääh verschiedenste Interpretationen, sagen wir es mal so. Einer der Phantombild- Ersteller meint sogar daß bestimmte Passagen sehr wohl mit der Mundpartie von Mundlos (sic) überein- stimmen. Da drüber kann man verschiedenster Meinung ganz einfach sein, letztlich relevant ist es für die ganzen Untersuchungen nicht gewesen. Es ist nur interessant gewesen, daß dieser Staatsanwalt auf der einen Seite sehr sehr viel Zeit in der Absicherung dieser Entscheidung das Phantombild nicht zu publizieren auch wenn es sehr spät erstellt worden ist, 3 Jahre nach der Tat bekanntlicherweise, und auf der anderen Seite sagte er wenn es um mögliche Untersuchungsgegenstände wie zum Beispiel weshalb er nur angeordnet hat den Handyverkehr und die Verbindungsdaten des Handy von Michelle Kiesewetter nur für den Tattag zu eruieren oder auch Funkzellenauswertung maximal nur ne Woche zurückzugehen, all dies konnte er nicht erklären weil das waren dann wiederum alles polizeiliche Entscheidungen denen er voll vertraut hat. Also das heißt so diese Verantwortungsdelegation in diesen Prozessen ist sehr interessant gerade so in dem Verhältnis Staatsanwaltschaft und Polizeisonderkommission bzw. dann später LKA, wo er hauptsächlich dann seine Probleme bekommen hat, in der Abgrenzung zum LKA. Aber ob das nun irgend etwas aufklärerisches gebracht hat, kann man mit Fug und Recht bezweifeln, äh selbst auch die sonstigen noch nachgereichten jetzt Zeugen aus der Polizei die sich beziehen auf das was ja schon festgestellt worden ist und durch einen Film des SWR noch einmal unterstrichen worden ist, daß relativ früh die Absperrung doch recht mangelhaft gewesen ist auf der Theresienwiese in Heilbronn, daß dort der Tatort dann auf Weisung des Leiters des Kriminal-, äh, des Polizeidienst- stelle dann dort abgespritzt worden ist und dann so Bilder im SWR-Fernsehen gegeben hat wo Kinder dann in diesen Blutlachen, also in diesen verwässerten Blutlachen rumgespielt haben, also all dies war dann Gegenstand weiterer Zeugeneinvernahmen da wurde dann interessanterweise so ungefähr gesagt daß auch wieder nicht aufgeklärt werden konnte daß ja als einen Zeugen gibt der gesagt hat ja es war an diesem Tatort schon ungefähr 10 Minuten nachdem die Tat wahrscheinlich gewesen ist eine Gruppe so von 3 bis 4, 5 Personen dort unmittelbar hinter dem Tatfahrzeug gestanden die dann von den eintreffenden Streifenbeamten weggeschickt worden sind ohne daß ihre Personalien aufgenommen worden sind, das wollte nun der Leiter dieses Polizeireviers der dann 10 Minuten oder ne Viertelstunde später dann die Oberführung dann übernommen hat nicht bestätigen es löst auch einigermaßen Unverständis aus wie dort im Umfeld geparkt wurde von Einsatzkräften und wie dort Sichtschutze in Form von Autos gemacht worden sind also wenn man das so durchgegangen ist dann waren da sehr viele Beamte nachher dann da es wurde zum Schluß auch nochmal Patronensuche gemacht mit so verschiedenen Ketten so gegen 19 Uhr, 19 Uhr 30 an dem Tattag wo man noch weiteres Beweis- material im Umfeld 40m von dem Trafohäuschen versuchte aufzuspüren, insgesamt war aber die Absperrung sehr eng gehalten und wie gesagt wir wissen aus den ersten 10 bis Viertelminuten nach der Tat daß dort offensichtlich Personengruppen auch beim Auto gewesen sind die von der Polizei wie gesagt weggeschickt worden sind, so eine Zeugenaussage. F: Würdest Du denn sagen, dieser parlamentarische Untersuchungsausschuß hat aufgezeigt was an Polizeipannen alles passiert ist während der Ermittlungen im NSU-Fall? M: Also bei der Tötung von Michelle Kiesewetter und Martin Arnold muß ich sagen ist noch am wenigsten mehr rausgekommen als überhaupt schon bekannt gewesen war und aufgedeckt gewesen war. Also ich denke mal daß hier wenn Du Dich noch erinnerst ich hab ja irgendwann im Mai mal von einem ersten Rundgang berichtet die vom Leiter der 3. Sonderkommission und dann regionalen Ermittlungsabquerschnitt der 2012 ja vom BKA dann aufgelöst wurde... F: Du meinst, als ihr da in Heilbronn auf dem Parkplatz rumge...? M: genau, wo wir da rumgelaufen sind, wo wir also praktisch mit dem Leiter der SOKO, Mögelin, rumgegangen sind und wo wir die Zeugenaussagen zugeordnet haben. Also ich denke in dieser Hinsicht ist überhaupt keinerlei Klarheit geschaffen worden, also die Frage, ist das jetzt die angebliche Solotat der beiden Uwes, gab es dort Unterstützer, es gab ja ne feste Auffassung des LKA bis zum 4.11. 2011 also praktisch die Auffindung der beiden toten Uwes, daß dies mindestens noch einen 3. Täter erfordert hat, es gab ja viele auch rassistische Spuren die da gelegt oder ausermittelt worden sind, der Auszug hat seit diesem Rundgang eigentlich im Prinzip wo sich schon viele festgelegt hatten ach wenn der Bundestagsuntersuchungsausschuß das gewußt hätte wie weit doch diese Zeugenaussagen auseinanderliegen und wie das alles so gar nicht so reinpaßt also wo dieser Ausschuß sich mental die Obleute sehr früh sehr festgelegt haben und dementsprechend sieht meines Erachtens auch das aus also der CDU-Obmann sprach dann davon wir haben alles abgearbeitet ja das ist so n Begriff der aus dem Jargon der Polizei ja kommt und abgearbeitet ist da schon einiges aber nicht sehr viel abgearbeitet sag ich jetzt mal es is im es gibt im Prinzip keine also wenn man's in Wahrscheinlichkeitskategorien man kann nicht nur nicht ausschließen daß da noch weitere Unterstützerinnen gewesen sind auch die Plausibilitäten sind nicht ausgeschlossen, im Gegenteil es sind neue Indizien aufgetaucht daß da möglicher- weise für den Zeitpunkt wo dieser Leiter des Polizeireviers da dann seine Einsatzmaßnahmen vor Ort also ungefähr um 14 Uhr 20, 25 begannen hat richtig abzusperren und wo dann die Sachen gekommen sind, da sind ja 5-10 Minuten später sind ja Blutverschmierte in Autos, zwar in einiger Entfernung, 1,5km Entfernung, springen gesehen worden, all dies konnte eigentlich nicht plausibel ausgeschlossen werden, daß das alles falsche Wahrnehmungen gewesen sind, sind ja noch mehrere dazugekommen das Ehepaar Kurt hat ja zum Beispiel will ja sogar noch äh vom Polizisten Lichtbildmatte bekommen haben in diesem Jahr und da Personen identifiziert wurden all das hat der Ausschuß ja abgegeben und der Ausschuß hat ja auch schon vor 2 Sitzungen nachdem vorher der ganze Komplex rechte Strukturen und Verbindungen zum NSU abgegeben worden sind an einen potenziellen Ausschluß in einer neuen Legislatur ja auch diese offenen Fragen praktisch einerseits abgegeben an die Generalbundesanwaltschaft und andererseits an einen neuen Ausschuß abgegeben, also von einer realen Abarbeitung kann da nicht die Rede sein. (Zeitmarke: 10 Minuten im Soundfile) Auch wenn jetzt, sagen wir mal zum zweiten Mal die Diplom-Biologin Dr. Schultheiß des BKAs da gewesen ist die nochmal die Spuren an den Tatwaffen also im Brandschutt gefundenen Radom und Tokarev geredet hat und äh wo sie dann davon spricht daß dort berechtigte Spurenleger identifiziert worden sind und dann noch sagt daß diese berechtigten Spurenlegern auch ihnen nicht bekannt sind weil diese Untersuchung anonymisiert stattfindet. F: Entschuldigung, was soll denn das heißen, berechtigte Spurenleger? M: Also berechtigte Spurenleger ist, die haben offensichtlich DNA-Proben von Polizeibeamten und allen möglichen Leuten erhobe, die dort auch an dem Tatort gewesen sind, und äh wo sie der Auffassung sind, äh daß man weiß jetzt nicht, sind das Polizeibeamte, sind das Verfassungsschutzbeamte oder sonstwas, die werden qualifiziert als berechtigte Spurenleger weil sie irgendwann mal die Waffe in der Hand gehabt haben und da möglicherweise ne DNA-Anhaftung dann gehabt haben. Also diese Radoms und Tokarev waren ja im Brandschutt und äh zwischen 2007 und 2011 und äh die Dienstwaffen waren ja in dem Wohnmobil, wo die beiden Uwes tot aufgefunden worden sind. Und dieses hat sie nochmal dargelegt und äh sie redet davon daß sie mit Ausnahme einer Mischspur wo nix identifiziert werden konnte es sich entweder um Mundlos oder um Böhnhardt gehandelt hat oder aber um sogenannte berechtigte Spurenleger die sie nicht näher qualifizieren konnte, weil das alles anonymisiert ist, wenn sie das untersuchen. Sehr praktisch, äh der Ausschuß hat aber da auch in dieser Hinsicht nicht irgendwie nachgefragt, sondern hat es dabei belassen, so es zu machen. Also das bezieht sich auf die Waffen, das bezieht sich auf die Handschließe, also auch sowas wo überall was gefunden worden ist, DNA-Anhaftungen die dort abgenommen worden sind. Was auch noch interessant gewesen ist, das fand ich jetzt nur als so nen kleinen Nebenpunkt noch interessant, ist, daß diese DNA-Anhaftungen teilweise Blutspuren, also nicht Blutspuren von Kiesewetter und von Martin Arnold gewesen sind, sondern andere Blutspuren. Da fragt man sich dann natürlich, ja berechtigte Spurenleser in einer Mischspur wo DNA-Anhaftungen drinne sind, und dann würde man ja eigentlich mal nachfragen wollen, was sindn das in dieser Mischspur kommen die Blutanhaftungen oder die DNA-Blut also wo das DNA draus gewonnen worden ist nun von den berechtigten Spurenlegern, oder kommen sie von Mundlos und Böhnhardt, ja, also das sind ja so durchaus mal naheliegende Fragen aber der Ausschuß hat sie nicht gestellt, war auch ziemlich spät dann so gegen 19 Uhr 15 oder sowas, oder 19 Uhr ich weiß jetzt gar nicht wann jetzt der Schluß gewesen ist, aber das wurde dann nicht mehr gestellt. F: Ja das hört sich ja schon ein bißchen absurd an berechtigte Spurenleger. M: (entschuldigender Tonfall) der Jargon das ist son polizeilicher Jargon oder Ermittlungsjargon der wohl absurd an sich hört möglicherweise aber gar nicht so absurd sein muß. F: okay was würdest Du Dir denn wünschen von einem möglicherweise nächsten parlamentarischen Untersuchungs- ausschuß in Baden-Württemberg? M: Einfach den Einsatz und die Stringenz des Thüringer Ausschusses und das ist aber ne Frage was in den Köpfen der Abgeordneten los ist und ob sie wirklich tatsächlich etwas aufdecken wollen. Ich muß zum Schluß nochmal ganz kurz sagen vollkommen deplaziert fand ich in dieser Sitzung neben diesem Staatsanwalt wurden dann 2 Gutachter die der Ausschuß beauftragt hatt der eine zur Sicherheits- architektur und der andere zum Rechtsextremismus der zur Sicherheitsarchitektur der immerhin 1 3/4 dort Stunden sein Gutachten vortrug bzw. dazu befragt wurde war hauptsächlich ein Verkäufer seiner eigenen Gutachterfähigkeiten im Bezug auf V-Leute und wie man Gesetze machen kann und der Andere hat zwar 2 interessante Erkenntnisse geliefert nicht weniger zur freien Kameradschaftsszene oder zur gewaltbereiten Szene die zwar in Baden-Württemberg stabil geblieben ist nach seiner Auskunft wohl aber zu der Basis des was man nicht unterschätzen sollte nämlich der Tatsache daß in Baden- Württemberg sowohl in antisemitischer Hinsicht als auch in Hinsicht der Leugnung der Verbrechen des Nationalsozialismus unter allen Bundesländern die höchsten Werte vorhanden sind das war für mich jetzt in dieser Hinsicht nochmal neu, aber ansonsten wurde über die << realen Strukturen >> (betonte Aussprache) von Nazis, der Rolle der NPD die er zwar sagte die NPD hat dort eine organisierende Funktion auch gegenüber der Kameradschaft der freien Szene etc. würde recht wenig dargelegt. Das waren die beiden anderen gutachterlichen Zeugen die auch sehr viel Zeit eingenommen haben und wenn man dann so sich ankuckt dann sacht man ja gut dann hätten se mal ne Enquête-Kommission dazu machen können wo se solche Gutachten entgegennehmen aber im parlamentarischen Untersuchungsausschuß hätte man wenn ganz am Anfang sowas mal machen können aber jetzt is es ein bißchen wirklich deplaziert wo noch andere Aufgaben hätten angestanden. Nun gut. Der Ausschuß hat's so gemacht, wir werden auch keinen Landtag bekommen in dem nächsten Landtag wo die großen aufklärungswilligen Personen drinnen sein werden, im Gegenteil wir werden wahrscheinlich eine AfD da drin haben, die nach Kräften sabotieren wird und verharmlosen wird schon aus Eigeninteresse heraus und insofern wird es nochmal komplizierter werden im nächsten Landtag. F: ja Michel dann vielen Dank für das Interview über den gestrigen und überhaupt den letzten parlamentarischen... M: ...wahrscheinlich, es kann auch sein daß noch einer kommt, weil morgen sagt ja Beate Zschäpe aus, und dann werden wir sehen ob sie denn nochmal nachlegen müssen.